• Tinnitus


    Zusammenfassung
    Unter Tinnitus versteht man die konstante oder immer wiederkehrende subjektive Wahrnehmung eines Tones oder Geräusches; d.h. dieses wird im Gegensatz zu den objektivierbaren Ohrgeräuschen vom Untersucher nicht mitgehört. Lärmbelastung und Stress erhöhen das Risiko, die Ursache für die Entstehung des Tinnitus ist jedoch noch nicht bekannt. Genaue Erhebung der Krankengeschichte, regelmäßige Blutdruckkontrollen und eine umfassende HNO-ärztliche Untersuchung werden zum Ausschluss einer zugrunde liegenden Erkrankung durchgeführt. Die Therapie erfolgt mittels durchblutungsfördernder Infusionen oder Glucocorticoiden i.v., wobei die Erfolge umso besser sind, je kürzer der Tinnitus besteht. Eine Behandlungsmethode aus den USA (Tinnitus Retraining Therapie) zeigte dort gute Erfolge, in Deutschland sind ärztliche und psychologische Betreuung der Patienten jedoch vorrangig.


    Definition
    Unter Tinnitus versteht man die subjektive Wahrnehmung eines Tones oder Geräusches ohne akustische Stimulation von außen, eine Art ständiges Ohrensausen. Dabei kann der Auslöser für die Ton- bzw. Geräuschempfindung im Ohr oder auch im Gehirn lokalisiert sein. Aus diesem Grund beschreibt der Begriff Tinnitus ein Symptom, stellt aber keine exakte Diagnose dar. Die subjektiv wahrgenommenen Töne bzw. Geräusche sind von Ohrgeräuschen zu unterscheiden. Ohrgeräusche sind objektive von einem Untersuchenden mitzuhörende Geräusche, die z.B. durch rhythmisches Anspannen der Gaumenmuskulatur entstehen können. Unter einem Ton ist ein akustischer Reiz bzw. eine akustische Wahrnehmung von nur einer Frequenz zu verstehen, ein Geräusch dagegen besteht aus mehreren Tönen.


    Tinnitus = subjektive, vom Kranken wahrgenommene Ohrgeräusche.
    Ohrgeräusche = objektive vom Betroffenen und Untersucher mitzuhörende Geräusche.
    Für eine sinnvolle Behandlungsstrategie des Tinnitus ist es notwendig, den akuten Tinnitus (bis zu 3 Monaten) vom subakuten (bis 6 Monaten) und dem chronischen Tinnitus (älter als 6 Monate) zu unterscheiden. Dabei sind die Heilungschancen umso besser, je "frischer" der Tinnitus ist.


    Vorkommen
    In jedem Lebensalter, wobei 5-7 % der Erwachsenen an einem mehr oder minder starken Tinnitus leiden. Wegen der zunehmenden Lärmbelastung bei Jungendlichen, z.B. in Diskotheken oder über Walkman, klagen heute bereits >5 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 30. Lebensjahr über die Symptome eines Tinnitus.

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  • Ursache
    Gehörgang/Trommelfell: z.B. Ohrenschmalz, Fremdkörper (z.B. Watte), vorspringende Knochen im Gehörgang (Exostosen)
    Mittelohr: Trommelfellperforation, Tubenfunktionsstörung, Paukenerguss, Mittelohrentzündung, Adhäsivprozesse, Trommelfellunbeweglichkeit
    Innenohr: Schalltrauma, Lärmschwerhörigkeit, Hörsturz, Morbus Meniere, Altersschwerhörigkeit, Medikamente, starker Blutdruckabfall mit nachfolgender Minderdurchblutung des Innenohrs
    Zentrale oder unklare Lokalisation: nach Hirnhautentzündung, Bluthochdruck, zu niedriger Blutdruck, Multiple Sklerose, Blutarmut (Anämie), Stress
    Spontanaktivität und der Hörnerv als Ort der Tinnitus-Entstehung
    Nach Lärmeinwirkung oder der Wirkung von Innenohrgiften, wie bestimmte Medikamente, konnten vor allem Veränderungen in der Funktion der Hörnerven festgestellt werden. Im Normalzustand finden in den einzelnen Nervenfasern spontane elektrische Impulse, die so genannte Spontanaktivität statt, die sich unter Beschallung des Ohres ändern und deren zeitliche Abfolge die Information des Schallreizes in verschlüsselter Form enthält und an das Schallzentrum im Gehirn weiterleitet. Im krankhaften Zustand ist die Spontanaktivität vermindert oder in ihrer zeitlichen Abfolge verändert. Da die normale Spontanaktivität nicht als akustischer Reiz wahrgenommen wird, kann angenommen werden, dass Abweichungen von diesem Normalzustand des elektrischen Gleichgewichts in die eine oder andere Richtung zur Wahrnehmung eines Höreindruckes, d.h. von Tinnitus führen.


    Der zentrale Tinnitus:
    Das Hörzentrum im Gehirn besitzt eine nervale Wechselwirkung mit der Innenohr-Funktion. Nervenfasern, die vom Gehirn kommen, übermitteln Botschaften an darauf spezialisierte Haarzellen im Innenohr und andersherum. Beim zentralen Tinnitus werden die von den Hörnerven übermittelten Informationen im Gehirn falsch verarbeitet. Dies führt dazu, dass das Gehirn ein(en) nicht vorhandenen Ton oder Geräusch produziert.

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  • Streß als Tinnitusursache:
    Eine der Hauptursachen für Tinnitus ist Stress. Ein Stressreiz löst im Organismus eine Fülle von Reaktionen aus, u.a. die vermehrte Ausschüttung des Stresshormons Kortisol. Das Kortisol verengt die Blutgefäße und verschlechtert damit Fließeigenschaften des Blutes. Das kommt u.a. dadurch zustande, dass sich die Blutplättchen zu Verbänden zusammenschließen. Das ist eine Vorform der Gerinnung und kann in kleinen Gefäßen, wie zum Beispiel im Innenohr, zu Gefäßverschlüssen führen. Diese Gefäßverschlüsse bedeuten eine Funktionsminderung bzw. einen Funktionsverlust des entsprechenden Organs. Sie können zu einem Hörverlust aber auch zum Tinnitus führen.


    Symptome
    Sehr vielgestaltige Töne oder Geräusche z.B. pfeifende, klingelnde, rauschende, brummende, sägende sind beschrieben worden. Diese Geräusche bzw. Töne können kontinuierlich, unterbrochen, abschwellend und in ihrer Frequenz modulierend vorkommen.


    Komplikationen
    Häufige Folgen eines Tinnitus sind Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen, Arbeitsunfähigkeit bis hin zum Selbstmord. Dies kann schnell zu einem Teufelskreis führen, da diese Symptome zu weiterem Stress mit einer nachfolgenden Verschlechterung des Zustandes einhergehen.


    Diagnostik
    Notwendig

    Eine eingehende Befragung des Patienten: Berufsanamnese (Lärm,Verletzungen), Unfälle mit Kopfverletzungen, Ohrerkrankungen (z.B. Hörsturz, Operation), neurochirurgische Operationen, Beschreibung der Art und Häufigkeit des Tinnitus.
    Blutdruckmessung, möglichst eine 24 Stunden Blutdruckmessung
    Hals-Nasen-Ohren-Untersuchung, Ohrmikroskopie (spezielle Mikroskope für den Gehörgang)
    Hörprüfungen: mit einer Stimmgabel, Registrierung des noch wahrnehmbaren Frequenzbereiches mittels eines Audiogramms, um eine Innenohrschwerhörigkeit auszuschließen.
    Tympanogramm/Stapediusreflexe: Normal oder Paukenunterdruck, Fortleitung von rhythmischen Kontraktionen der Mittelohrmuskeln, Funktionsüberprüfung der Gehörknöchelchen
    Prüfung der Verdeckbarkeit, also Bestimmung der Frequenz bei der der Tinnitus hauptsächlich Geräusche produziert und Lautstärkenbestimmung des Tinnitus, dies geschieht durch den Vergleich des Tinnitus mit auf dem Gegenohr angebotenen Audiometertönen (Audiometer: Gerät zur Erzeugung von Tönen mit bestimmter Frequenz) zur Bestimmung von Tinnitusfrequenz und -lautstärke. Dann Beschallung (Verdecken) des Tinnitusohres mit so genanntem weißen Rauschen, d.h. es wird ein Tonrauschen erzeugt in dem alle, für das Ohr hörbare Frequenzen enthalten sind. Wenn der Tinnitus durch Beschallung des Gegenohres verdeckbar ist, dann ist eine zentrale, also im Gehirn lokalisierte, Tinnitusentstehung wahrscheinlich.
    Im Einzelfall nützlich


    Gleichgewichtsprüfung mit der Frenzel-Brille (eine Brille, die verhindert, dass der Patient einen Punkt mit den Augen fixieren kann). Oft geht ein Tinnitus mit einer Gleichgewichtsstörung einher >20%.
    Labor: Differentialblutbild und Entzündungsparameter.
    Serologie um Herpes simplex, Masern, Mumps oder eine Lues (Syphilis) auszuschließen.
    Magnetresonanztomographie (MRT), um einen Tumor des Hörnervs auszuschließen.
    Funktionsuntersuchungen der Halswirbelsäule.

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  • Therapie
    akut: bei innenohrbedingter oder unbekannter Ursache, insbesondere bei einem frischen Tinnitus Therapie mit Glukokortikoiden, z. B. Ultracorten-H (3 Tage lang 0,5 - 1 g/die i. v.), hier ist eine Erfolgsrate von ca. 40 % zu erwarten und zusätzlich:


    Infusionen mit Rheologoka (Blutverdünnern), z. B. HAES 6 % oder isotoner Kochsalzlösung mit Trental (durchblutungsförderndes Mittel) in aufsteigender Dosierung. Ggf. milde Sedativa, z. B. Valium, Lexotanil, Saroten.


    Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) bei frischem Tinnitus, wenn eine medikamentöse Therapie ohne Erfolg bleibt.


    chronisch: Anpassung eines so genannten Tinnitus-Maskers, eines Hörgerätes, das den Tinnitus durch so genanntes "weißes Rauschen" überdeckt.


    Psychosomatische Behandlung. Es wird dabei versucht, den Tinnitus zu "überhören", dies geschieht durch Konzentration auf andere Geräusche.


    Autogenes Training zum Stressabbau bzw. dessen Verarbeitung.


    All die genannten Methoden bei dem chronischen Tinnitus oder der Hyperakusis , einer Geräusch- und Lärmempfindlichkeit, haben keine allzu guten Ergebnisse gezeigt. So durchliefen Patienten mit diesen Beschwerden oftmals eine Vielzahl von Behandlungen wie z. B. Infusionstherapie, hyperbare Sauerstofftherapie, Ozonbehandlung, Akupunktur oder Psychotherapie - meist ohne jeden Erfolg.

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  • Retraining-Therapie nach Jastreboff
    Ende der 80er Jahre entwickelte der Neurophysiologe Prof. Pawel J. Jastreboff in Baltimore (USA) ein neurophysiologisches Modell des Tinnitus und der Hyperakusis, aus dem sich eine einfache und trotzdem sehr erfolgreiche Behandlungsmethode ergab: die Tinnitus Retraining Therapie (TRT) .


    Das neurophysiologische Modell nach Jastreboff erklärt den Tinnitus als Überreaktion von subcorticalen Gehirnzentren auf Innenohrsignale. Insbesondere die Formatio reticularis und das limbische System reagieren auf Signale des Innenohres mit überschießenden Aktivitäten, was den an sich harmlosen Tinnitus mit negativen Assoziationen und körperlichen Stressreaktionen verbindet, welche wiederum eine Verstärkung des Tinnitus hervorrufen. Dieser Teufelskreis zwischen Innenohr und Hörzentren des Gehirns wird durch die Tinnitus Retraining Therapie unterbrochen.


    In den letzten Jahren hat Prof. Jastreboff über 1.000 Patienten nach der TRT Methode behandelt - mit überzeugenden Resultaten: ca. 80 % der Patienten gaben eine signifikante Besserung oder sogar vollständige Abheilung des Tinnitus und/ oder der Hyperakusis an, auch wenn die Beschwerden schon seit Jahren bestanden hatten.


    Die Tinnitus Retraining Therapie wird nun auch in einigen Praxen in Deutschland durchgeführt. Die Therapie besteht aus sechs "Counsellings" (Beratungen) die sich über einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten verteilen. Zusätzlich zu diesen "Counsellings" werden in den meisten Fällen "Noiser" angepasst, das sind Tongeber, die wie kleine Hörgeräte hinter oder in dem Ohr getragen werden. Die Noiser produzieren ein so genanntes rosa Rauschen, ein leises Geräusch, das den Tinnitus zum Teil verdeckt und dem Gehirn eine Habituation (Gewöhnung) an den Tinnitus ermöglicht.


    Die Kombination von Counsellings und Noisern unterbricht den Teufelskreis sich steigender Reaktionen zwischen Innenohr, Formation reticularis und limbischen System - das Gehirn lernt wieder, normal auf Reize aus dem Innenohr zu reagieren, so dass Tinnitus und Hyperakusis ihre negative Bedeutung verlieren.


    In wenigen Fällen kann zusätzlich zu den Counsellings und Noisern eine psychotherapeutische Behandlung notwendig sein.


    Die Behandlung ist also wenig zeitaufwendig oder belastend, bedarf keiner medikamentösen oder operativen Therapie und kann sogar ambulant durchgeführt werden

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