Weihnachtsgeschichten

  • Einsam am Heiligen Abend


    Jedesmal wenn Weihnachten kommt, muß ich an Herrn Sörensen denken. Er war der erste Mensch in meinem Leben, der ein einsames Weihnachtsfest feierte, und das habe ich nie vergessen können.


    Herr Sörensen war mein Lehrer in der ersten Klasse. Er war gut, im Winter bröselte er sein ganzes Frühstücksbrot für die hungrigen Spatzen vor dem Fenster zusammen. Und wenn im Sommer die Schwalben ihre Nester unter den Dachvorsprung klebten, zeigte er uns die Vögel, wie sie mit hellen Schreien hin und her flogen. Aber seine Augen blieben immer betrübt.


    Im Städtchen sagten sie, Herr Sörensen sei ein wohlhabender Mann. „Nicht wahr, Herr Sörensen hat Geld?" fragte ich einmal meine Mutter. „Ja, man sagt's." - „Ja ... ich hab' ihn einmal weinen sehen, in der Pause, als ich mein Butterbrot holen wollte ..."


    Herr Sörensen ist vielleicht so betrübt, weil er so allein ist", sagte meine Mutter. „Hat er denn keine Geschwister?" fragte ich. „Nein - er ist ganz allein auf der Welt..."


    Als dann Weihnachten da war, sandte mich meine Mutter mit Weihnachtsbäckereien zu Herrn Sörensen. Wie gut ich mich daran erinnere. Unser Stubenmädchen ging mit, und wir trugen ein großes Paket, mit rosa Band gebunden, wie die Mutter stets ihre Weihnachtspäckchen schmückte.


    Die Treppe von Herrn Sörensen war schneeweiß gefegt. Ich getraute mich kaum einzutreten, so rein war der weiße Boden. Das Stubenmädchen überbrachte die Grüße meiner Mutter. Ich sah mich um. Ein schmaler hoher Spiegel war da, und rings um ihn, in schmalen Rahmen, lauter schwarzgeschnittene Profile, wie ich sie nie vorher gesehen hatte.


    Herr Sörensen zog mich ins Zimmer hinein und fragte mich, ob ich mich auf Weihnachten freue. Ich nickte. „Und wo wird Ihr Weihnachtsbaum stehen, Herr Sörensen?" - „Ich? Ich habe keinen, ich bleibe zu Hause."


    Und da schlug mir etwas aufs Herz beim Gedanken an Weihnachten in diesem „Zuhause". - In dieser Stube mit den schwarzen kleinen Bildern, den schweigenden Büchern und dem alten Sofa, auf dem nie ein Mensch saß - ich fühlte das Trostlose, das Verlassene in dieser einsamen Stube, und ich schlug den Arm vors Gesicht und weinte.


    Herr Sörensen zog mich auf seine Knie und drückte sein Gesicht an meines. er sagte leise: „Du bist ein guter, kleiner Bub." Und ich drückte mich noch fester an ihn und weinte herzzerbrechend.


    Als wir heimkamen, erzählte das Stubenmädchen meiner Mutter, ich hätte „gebrüllt".


    Aber ich schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, ich habe nicht gebrüllt. Ich habe geweint. Und weißt du, ich habe deshalb geweint, weil nie jemand zu Herrn Sörensen kommt. Nicht einmal am Heiligen Abend..."


    Später, als wir in eine andere Stadt zogen, verschwand Herr Sörensen aus meinem Leben. Ich hörte nie mehr etwas von ihm. Aber an jenem Tag, als ich an seiner Schulter weinte, fühlte ich, ohne es zu verstehen, zum ersten Male, daß es Menschen gibt, die einsam sind. Und daß es besonders schwer ist, allein und einsam zu sein an Weihnachten.

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    Alles, was ich tue und was ich nicht tue, ist Öffentlichkeitsarbeit.
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  • Der allererste Weihnachtsbaum


    Der Weihnachtsmann ging durch den Wald. Er war ärgerlich. Sein weißer Spitz, der sonst immer lustig bellend vor ihm herlief, merkte das und schlich hinter seinem Herrn mit eingezogener Rute her.


    Er hatte nämlich nicht mehr die rechte Freude an seiner Tätigkeit. Es war alle Jahre dasselbe. Es war kein Schwung in der Sache. Spielzeug und Eßwaren, das war auf die Dauer nichts. Die Kinder freuten sich wohl darüber, aber quieken sollten sie und jubeln und singen, so wollte er es, das taten sie aber nur selten.


    Den ganzen Dezembermonat hatte der Weihnachtsmann schon darüber nachgegrübelt, was er wohl Neues erfinden könne, um einmal wieder eine rechte Weihnachtsfreude in die Kinderwelt zu bringen, eine Weihnachtsfreude, an der auch die Großen teilnehmen würden. Kostbarkeiten durften es auch nicht sein, denn er hatte soundsoviel auszugeben und mehr nicht.


    So stapfte er denn auch durch den verschneiten Wald, bis er auf dem Kreuzweg war. Dort wollte er das Christkindchen treffen. Mit dem beriet er sich nämlich immer über die Verteilung der Gaben.


    Schon von weitem sah er, daß das Christkindchen da war, denn ein heller Schein war dort. Das Christkindchen hatte ein langes weißes Pelzkleidchen an und lachte über das ganze Gesicht. Denn um es herum lagen große Bündel Kleeheu und Bohnenstiegen und Espen- und Weidenzweige, und daran taten sich die hungrigen Hirsche und Rehe und Hasen gütlich. Sogar für die Sauen gab es etwas: Kastanien, Eicheln und Rüben.


    Der Weihnachtsmann nahm seinen Wolkenschieber ab und bot dem Christkindchen die Tageszeit. „Na, Alterchen, wie geht's?“ fragte das Christkind. „Hast wohl schlechte Laune?“ Damit hakte es den Alten unter und ging mit ihm. Hinter ihnen trabte der kleine Spitz, aber er sah gar nicht mehr betrübt aus und hielt seinen Schwanz kühn in die Luft.


    „Ja“, sagte der Weihnachtsmann, „die ganze Sache macht mir so recht keinen Spaß mehr. Liegt es am Alter oder an sonst was, ich weiß nicht. Das mit den Pfefferkuchen und den Äpfeln und Nüssen, das ist nichts mehr. Das essen sie auf, und dann ist das Fest vorbei. Man müßte etwas Neues erfinden, etwas, das nicht zum Essen und nicht zum Spielen ist, aber wobei alt und jung singt und lacht und fröhlich wird.“


    Das Christkindchen nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht; dann sagte es: „Da hast du recht, Alter, mir ist das auch schon aufgefallen. Ich habe daran auch schon gedacht, aber das ist nicht so leicht.“


    „Das ist es ja gerade“, knurrte der Weihnachtsmann, „ich bin zu alt und zu dumm dazu. Ich habe schon richtiges Kopfweh vom vielen Nachdenken, und es fällt mir doch nichts Vernünftiges ein. Wenn es so weitergeht, schläft allmählich die ganze Sache ein, und es wird ein Fest wie alle anderen, von dem die Menschen dann weiter nichts haben als Faulenzen, Essen und Trinken.“


    Nachdenklich gingen beide durch den weißen Winterwald, der Weihnachtsmann mit brummigem, das Christkindchen mit nachdenklichem Gesicht. Es war so still im Wald, kein Zweig rührte sich, nur wenn die Eule sich auf einen Ast setzte, fiel ein Stück Schneebehang mit halblautem Ton herab. So kamen die beiden, den Spitz hinter sich, aus dem hohen Holz auf einen alten Kahlschlag, auf dem große und kleine Tannen standen. Das sah wunderschön aus. Der Mond schien hell und klar, alle Sterne leuchteten, der Schnee sah aus wie Silber, und die Tannen standen darin, schwarz und weiß, daß es eine Pracht war. Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrund stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.


    Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmannes los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: „Ist das nicht wunderhübsch?“


    „Ja“, sagte der Alte, „aber was hilft mir das ?“


    „Gib ein paar Äpfel her“, sagte das Christkindchen, „ich habe einen Gedanken.“


    Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, daß das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.


    Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann faßte er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchenstamm und reichte es dem Christkindchen.


    „Sieh, wie schlau du bist“, sagte das Christkindchen. „Nun schneid mal etwas Bindfaden in zwei Finger lange Stücke, und mach mir kleine Pflöckchen.“


    Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.


    „So“, sagte es dann, „nun müssen auch an die anderen welche, und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, daß kein Schnee abfällt!“


    Der Alte half, obgleich er nicht wußte, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte; „Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für'n Zweck?“


    „Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?“ lachte das Christkind. „Paß auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!“


    Der Alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuß an der goldenen Oberseite seiner Flügel, dann war die Nuß golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, dann hatte es eine silberne Nuß und hängte sie zwischen die Äpfel.


    „Was sagst nun, Alterchen?“ fragte es dann. „Ist das nicht allerliebst?“


    „Ja“, sagte der, „aber ich weiß immer noch nicht...“


    „Komm schon!“ lachte das Christkindchen. „Hast du Lichter?“


    „Lichter nicht“, meinte der Weihnachtsmann, „aber 'nen Wachsstock!“


    „Das ist fein“, sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann; „Feuerzeug hast du doch?“


    „Gewiß“, sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus, pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das gegenüberliegende. Und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein Licht nach dem andern zum Brennen.


    Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinem halbverschneiten, dunklen Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold- und Silbernüsse blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich. Das Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der kleine Spitz sprang hin und her und bellte.


    Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat der, und dann gingen beide den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen mit.


    Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles. Beim kleinsten Hause machten die beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit einer durchlochten Platte. Den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum hinein. Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge, Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann verließen beide das Haus so leise, wie sie es betreten hatten.


    Als der Mann, dem das Häuschen gehörte, am andern Morgen erwachte und den bunten Baum sah, da staunte er und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Als er aber an dem Türpfosten, den des Christkinds Flügel gestreift hatte, Gold- und Silberflimmer hängen sah, da wußte er Bescheid. Er steckte die Lichter an dem Bäumchen an und weckte Frau und Kinder. Das war eine Freude in dem kleinen Haus wie an keinem Weihnachtstag. Keines von den Kindern sah nach dem Spielzeug, nach dem Kuchen und den Äpfeln, sie sahen nur alle nach dem Lichterbaum. Sie faßten sich an den Händen, tanzten um den Baum und sangen alle Weihnachtslieder, die sie wußten, und selbst das Kleinste, das noch auf dem Arm getragen wurde, krähte, was es krähen konnte.


    Als es hellichter Tag geworden war, da kamen die Freunde und Verwandten des Bergmanns, sahen sich das Bäumchen an, freuten sich darüber und gingen gleich in den Wald, um sich für ihre Kinder auch ein Weihnachtsbäumchen zu holen. Die anderen Leute, die das sahen, machten es nach, jeder holte sich einen Tannenbaum und putzte ihn an, der eine so, der andere so, aber Lichter, Äpfel und Nüsse hängten sie alle daran.


    Als es dann Abend wurde, brannte im ganzen Dorf Haus bei Haus ein Weihnachtsbaum, überall hörte man Weihnachtslieder und das Jubeln und Lachen der Kinder.


    Von da aus ist der Weihnachtsbaum über ganz Deutschland gewandert und von da über die ganze Erde. Weil aber der erste Weihnachtsbaum am Morgen brannte, so wird in manchen Gegenden den Kindern morgens beschert.

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  • Wie sehen Engel aus?

    In der Schule und im Kindergarten, überall haben sie Engel gebastelt. Und Mutti hat noch einen Holzengel, den sie auf den Adventsbaum stellen will. Aber jeder Engel sieht anders aus. Caro hat einen wunderschönen Engel aus Goldpapier gebastelt. David hat einen geknetet, und Rüdiger hat einen aus schwarzem Karton ausgeschnitten. Er hat nur die Umrisse stehen lassen und buntes Transparentpapier dahinter geklebt. Es sieht wirklich schön aus. "Dein Engel noch nicht einmal Flügel!" lacht Caro und betrachtet kritisch den Engel, den David geknetet hat.
    "Engel brauchen keine Flügel!" schreit er. "Die fliegen auch so!"
    Da lachen die beiden Großen den Kleinen aus. Nur Mutti lacht nicht. Sie ist sogar ein bisschen ärgerlich.
    "Macht euch nur lustig!" sagt sie. ""Ihr habt ja alle schon einmal einen Engel gesehen und wisst genau, wie sie aussehen!"
    Caro und Rüdiger hören auf zu lachen. Nein, ein Engel hat keiner gesehen. Da hat Mutti recht.
    "Wenn sie so lieb aussehen würden wie deiner", meint Mutti, "dann hätten sich die Hirten damals bestimmt nicht so sehr gefürchtet!"
    "Vor deinem aber auch nicht!" meint Rüdiger und betrachtet Muttis Holzengel näher.
    "Aber Flügel hat er ja auch. Und auf allen Bildern, die ich kenne, haben Engel Flügel!"
    "Was meinst du?" fragt Mutti. "Fotos oder Bilder?"
    "Bilder natürlich!" lacht Rüdiger. "Engel kann man doch nicht fotografieren!"
    "Aber die Maler wussten genau, dass sie Flügel haben?"
    "Ach Mutti!" sagt Caro. "Die Maler haben sie sich vorgestellt. Und weil sie vom Himmel zu den Menschen kamen, brauchen sie eben Flügel!"
    "Sie konnten die Engel nicht so einfach kommen und verschwinden lassen wie im Raumschiff Enterprise!" Rüdiger spürt selbst, dass das ein schlechter Witz war.
    Doch Mutti antwortet ganz ernst darauf: "ES ist nicht dümmer als das mit den Flügeln!"
    sagt sie. "Nur daran dachten die Maler damals noch nicht. Jedenfalls hat keiner von ihnen wirklich einen Engel gesehen.!"
    "Aber es gibt doch Engel?" fragt David jetzt und blickt Mutti ängstlich an.
    "Wenn Gott eine Botschaft für die Menschen hat, dann schick er Engel zu ihnen", sagt Mutti. "Engel sind die Boten Gottes!"
    "Und dann fragst du mich nach Fotos von Engeln?" Rüdiger schüttelt den Kopf.
    "Man weiß nie, ob man vielleicht nicht doch noch einen Engel begegnet ist!" antwortet seine Mutter leise.
    "Gott kann auch Engel zu uns schicken, die so wie alle anderen Menschen aussehen! Vielleicht begreifen wir erst viel später, dass es wirklich seine Boten waren, die Gott zu uns auf die Welt geschickt hat!"
    "Hast du Fotos von ihnen?" fragt David und sieht seine Mutter ernst an. Da holt sie ein Buch mit Bildern und schlägt ein paar Seiten auf. "Das könnte einer gewesen sein!" sagt sie. "Albert Schweitzer. Er ging zu den Schwarzen nach Afrika. Sein Leben lang hat er alles für sie getan, was er konnte."
    Rüdiger schaut auf ein anderes Foto, das Mutti aufgeschlagen hat. "Das ist doch die Mutter Theresa!" sagt er. "Sie hilft den Armen in Indien!"
    "Manche nennen sie den Engel der Armen!" erinnert sie Caro. "Aber das sagt man, doch nur so. Genau wie Vater zu dir Engel sagt!"
    "Das sagen viele von ihr!" sagt Mutti. "Nicht nur einer!"
    Sie seufzt. "Aber solange wir alle nicht wissen, wie Engel nun wirklich aussehen, müssen wir uns mit denen behelfen, die wir hier haben!"
    Ganz behutsam nimmt sie den kleinen Knetengel von David in die Hand.
    "Gefällt er dir?" fragt David. "Ich habe ihn extra für dich gemacht!"
    "Sehr gut!" lacht Mutti. "Deshalb stelle ich ihn auch neben meinen Holzengel! Dann stehen zwei wunderschöne Engel nebeneinander."
    "Und meiner?" fragt Caroline.
    "Den stellen wir hinten auf die Eckbank. Dann können wir ihn beim Essen immer wieder ansehen und über ihn freuen!"

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  • Das Kind in der Krippe


    Zwei Menschen gingen eine Straße entlang. Ein Mann und eine Frau. Sie gingen nur langsam. Sie waren müde. Sie hatten eine weite Reise hinter sich. Es waren Maria und Josef. Aber endlich sahen sie doch die weißen Häuser Bethlehems. Inzwischen war es Abend geworden. Die Sonne ging schon beinahe unter. Josef sprach: "Komm nur, Maria! Nun sind wir bald da. Und dann wollen wir uns schnell ein Plätzchen aussuchen, wo wir heute Nacht schlafen können." Und dann liefen sie zusammen weiter und kamen bald nach Bethlehem. Aber nun war es schon fast finster. Sie kamen zu einem großen Haus. Das war ein Gasthaus. Dort konnte man schlafen, wenn man auf Reisen war. Dort würde wohl auch ein Bett für Maria sein, in dem sie schön ausruhen konnte. Aber es waren noch viel mehr Menschen unterwegs, und die wollten alle dort schlafen. Das ganze Haus war voll von Gästen. Josef und Maria suchten umher, aber es war kein Fleckchen mehr frei. Es war überhaupt kein Platz mehr für sie in dem Gasthaus. Was sollten sie tun? Mussten sie draußen unter freiem Himmel schlafen? Nein, zum Glück nicht. Sie fanden doch noch etwas. Sie fanden einen Stall und gingen hinein. Die Schafe waren nicht da, die waren draußen auf dem Feld. Es war zum Glück Stroh dort, und eine Krippe stand auch da. Das war ein hölzerner Trog, ein Futtertrog, aus dem die Schafe fraßen. Da machte Josef ein Bett aus Stroh. Darauf konnte Maria gut schlafen. Und dann dankten sie dem Herrn für das ruhige Fleckchen, das sie doch noch gefunden hatten. "Schlaf gut, Maria." "Schlaf gut, Josef." Dann wurde es still. Es war ganz dunkel draußen. Die Sterne leuchteten am hohen Himmel. Es war Nacht in Bethlehem. Und in der stillen, dunklen Nacht, in dem armen Stall von Bethlehem ist dann wieder etwas Wunderbares geschehen. Das Wunderbarste, das auf Erden geschehen konnte. Dort hat Maria das Kindlein bekommen, von dem der Engel zu ihr gesprochen hatte. Es war ein ganz kleines Kind! Genauso klein und genauso hilflos wie alle neugeborenen Kinder. Es sah aus wie ein gewöhnliches Kind, aber es war ein heiliges Kind. Es war der Sohn Gottes! Und wenn es groß sein würde, sollte es König werden und alle Menschen glücklich machen. Das hatte der Engel gesagt. Maria war so froh über ihr Kind. Sie nahm es in die Arme und küsste es zärtlich. Und Josef war auch froh. Er streichelte das Kind mit seiner großen rauhen Hand. Maria hatte keine Wiege. Aber Josef nahm die Krippe und machte darin ein Bettchen aus Stroh. Dann legte Maria ihr Kind in die Krippe. "Es soll Jesus heißen", sprach Maria, "das hat der Engel gesagt." Und da lag nun der kleine König in einem Futtertrog für die Tiere. Der Sohn Gottes war in einem Stall geboren. Und niemand sonst wusste davon.

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  • Der riesengroße Schneemann


    Kurz vor Weihnachten entdeckten Hans und Liese im Schaufenster des Spielzeugladens von Fräulein Holzapfel am Karolinenplatz eine bildhübsche Puppe mit echten Haaren und Schlafaugen und ein wunderschönes Segelschiff. Sie waren so begeistert davon, daß sie sofort nach Hause rannten und einen neuen Wunschzettel für das Christkind schrieben, mit dem Text: „Die Puppenküche und die Eisenbahn, die wir uns gewünscht haben, wollen wir nicht mehr haben. Wir wollen die Puppe und das Segelschiff aus dem Schaufenster von Fräulein Holzapfel!“ Sie legten den Wunschzettel wie den ersten aufs Fenstersims und beschwerten ihn mit einem Stein, damit der Wind ihn nicht wegblasen konnte.
    Am nächsten Tag fiel ihnen dann etwas Schreckliches ein. Möglicherweise verkaufte Fräulein Holzapfel die Puppe und das Segelschiff schon heute oder morgen an andere Leute, und wenn das Christkind zu ihr zum Einkaufen kam, waren nur noch andere Spielsachen zu haben?! - Zehn Minuten später standen sie heftig schnaufend vor Fräulein Holzapfel im Spielzeugladen. „Wir möchten Sie fragen, ob Sie nicht die Puppe und das Segelschiff für das Christkind zurücklegen wollen!“ sagte Liese. „Wir haben die Sachen nämlich auf unseren Wunschzettel geschrieben!“
    „Ach!“ seufzte Fräulein Holzapfel. „Ich fürchte , das Christkind kommt in diesem Jahr überhaupt nicht zu mir zum Einkaufen! Es kauft ja so gut wie niemand etwas bei mir. Alle Leute gehen in die großen Kaufhäuser in der Stadt!“
    Für Hans und Liese war das eine böse Überraschung. Mit langen Gesichtern verließen sie den Laden. „Man müßte halt dafür sorgen, daß das Christkind hierher kommt!“ meinte Hans schließlich. Liese nickte. „Ja, aber wie?“ Ihr fiel nichts ein. Auch Hans fiel nichts ein. So gingen sie niedergeschlagen nach Hause.
    In der folgenden Nacht träumte dann Liese von einem riesengroßen Schneemann; der spazierte durch die Stadt, und alle Leute drehten sich nach ihm um. Da wußte Liese am nächsten Morgen, wie man dafür sorgen konnte, daß das Christkind zu Fräulein Holzapfel kam. Schon vormittags machte sie sich mit Hans daran, vor dem Spielzeugladen einen Schneemann zu bauen. Als der aber fertig dastand. war Liese nicht zufrieden mit ihm. Sie sagte: „Er ist viel zu klein, als daß das Christkind Lust kriegen könnte, ihn anzugucken! Er muß noch viel größer werden!“
    Liese lieh sich deshalb von Fräulein Holzapfel einen Stuhl, damit sie an dem Schneemann höher hinaufreichte. Eine Viertelstunde später kamen dann zufällig drei Anstreicherlehrlinge mit einer Leiter vorbei. Als die hörten, um was es ging, halfen sie tüchtig mit. Da war der Schneemann schon bald vier Meter hoch. Doch in Lieses Augen war er immer noch zu klein. „Er muß noch größer werden!“ sagte sie.
    Mittlerweile hatten sich auch eine Schar Buben und einige Männer eingefunden und halfen mit, den großen Schneemann zu bauen. Einer von den Männern war mit dem Hauptmann der städtischen Feuerwehr befreundet; mit dem telefonierte er jetzt vom nächsten Telefonhäuschen aus. Da kam wenig später mit lautem „Tatü! Tatü!“ ein großes rotes Feuerwehrauto angesaust. Die Feuerwehrmänner fuhren die lange, lange Leiter aus und halfen nun ebenfalls beim Bau des Schneemannes mit.
    Da stand zwei Stunden später vor dem Schaufenster von Fräulein Holzapfel ein wunderschöner Schneemann; der war fast zehn Meter hoch. Er trug als Hut eine umgestülpte Waschbütte auf dem Kopf, als Augen hatte er zwei Briketts und als Nase hatte er eine große Zuckerrübe im Gesicht. Einen so riesengroßen, herrlichen Schneemann hatte man bis dahin noch nie in der Stadt gesehen. Im Nu war der Karolinenplatz schwarz vor lauter Menschen, die ihn sich anguckten.
    Und jeden Tag kamen andere Leute und sahen sich den Schneemann an. Und weil sie nun schon einmal da waren, gingen viele in den Spielzeugladen von Fräulein Holzapfel hinein und kauften Weihnachtsgeschenke. Offensichtlich ließ sich auch das Christkind von dem riesengroßen Schneemann anlocken und kaufte bei Fräulein Holzapfel ein. Am Heiligen Abend war der Spielzeugladen jedenfalls restlos ausverkauft! Alle Regale waren leer!
    Hans und Liese aber fanden an diesem Heiligen Abend unterm Weihnachtsbaum nicht nur die gewünschte Puppe und das Segelschiff, sondern auch die Puppenküche und die Eisenbahn, die sie auf den ersten Wunschzettel geschrieben hatten. Da waren sie ganz fassungslos; sie dachten sich: „So brav, daß wir das verdient hätten, sind wir ja nun wirklich nicht gewesen!“
    Daß ihnen nicht das Christkind, sondern Fräulein Holzapfel die Puppe und das Segelschiff geschenkt hatte, aus Dankbarkeit für ihre Hilfe, haben Hans und Liese nie erfahren. Bis heute nicht.

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  • Die Abenteuer der kleinen Schneemaus


    Es war ein kalter Wintermorgen an irgend einem Dezembertag. Weihnachten stand kurz vor der Tür und alle Leute liefen sehr geschäftig durch die Straßen, um noch Geschenke für ihre Lieben zu besorgen und um dies und das noch zu erledigen. Ein paar Kinder tobten laut lachend und schreiend die Straße entlang. Eines von ihnen formte gerade einen sehr großen Schneeball und zielte damit auf das Hinterteil seines Freundes. Es war ein lustiger Anblick, den der Schneeball auf der Hose des kleinen Jungen hinterließ.
    Die Geschäfte, alle herrlich geschmückt, mit Kugeln, Girlanden, Lametta und Engelshaar, die Straßen festlich aufgeputzt mit vielen bunten Lichtern, einige in Sternform, andere sahen aus wie Glocken und über dem breitesten Stück der Straße hing sogar ein Rentierschlitten, aus dem der Weihnachtsmann mit lachendem Gesicht winkte. Am Ende der Straße stand ein wunderschön geschmückter Christbaum mit roten und goldenen Kugeln und an der Spitze war ein Engel angebracht.
    Es begann zu schneien. Ganz leicht zuerst, aber die Flocken wurden immer dichter. Wie Federn so leicht sanken sie vom Himmel herab und gesellten sich zu ihren Kammeraden, die schon am Boden liegen geblieben waren. Nach und nach waren die Dächer der Häuser und der schöne Christbaum wie mit Zucker überstreut. Die Menschen auf den Straßen sahen alle schon aus wie lauter Schneemänner, ganz weiß waren sie schon auf ihren Köpfen.
    Hinter einem Holzstoß, neben einem recht hübschen, alten Haus, wohnte eine Mäusefamilie mit ihren zwei Kindern. Eines hieß Max und das andere Moritz, so wie die beiden Lausbuben im Märchen. Und Lausbuben waren sie alle beide, so richtige, neugierige Mäusekinder, immer zu neuen Streichen aufgelegt. Die Mäuseeltern hatten ihre Kinder sehr lieb, so wie alle Eltern ihre Kinder liebhaben und sie waren sehr stolz auf die beiden. Es war mittlerweile schon einiges an Schnee gefallen und das Schneetreiben wurde immer dichter. Man konnte fast nicht mehr auf die andere Straßenseite hinüber schauen, so dicht fielen die Flocken vom Himmel.
    "Mann, ist das aber ein Schneegestöber! Man sieht ja vor lauter Schnee die Häuser auf der anderen Straßenseite nicht mehr!" rief der Mäusevater. " Ich möchte, daß ihr beide heute zu hause bleibt, weil wenn das so weiter schneit, verlauft ihr euch noch da draußen." Max und Moritz machten lange Gesichter, sie wollten doch noch Weihnachtsgeschenke für die Eltern einkaufen, wie sollten sie das machen, wenn der Vater sie nicht raus ließ.
    Die Mäusemutter strich den beiden liebevoll über die Köpfe und meinte:" Es ist ja noch nicht spät, es wird bald aufhören zu schneien und dann könnt ihr rausgehen und spielen, aber geht nicht zu weit vom Haus weg, hört ihr?" Die beiden nickten artig und trollten sich in ihr Zimmer. " Was machen wir jetzt? " fragte Max. " Wir haben doch noch nichts für die Eltern zu Weihnachten, was wir ihnen schenken können". "Es wird schon aufhören und dann gehen wir einfach raus und kaufen was schönes" antwortete Moritz und kramte die Spielzeugkiste hervor.
    Aber es wollte nicht aufhören zu schneien, die Flocken fielen immer dichter und der Schnee lag mittlerweile schon ziemlich hoch . Die beiden Mäusekinder fassten einen Plan. Sie würden sich jetzt an den Eltern vorbeischleichen und sehen , dass sie sich unbemerkt aus dem Haus stehlen könnten. Es war ja schon höchste Zeit , ein Geschenk für den Vater und die Mutter zu kaufen, sie sollten ja auch eine Weihnachtsfreude haben.
    Gesagt , getan. Max und Moritz setzten ihre Mützen auf und stahlen sich aus dem Haus. War das ein Schneegestöber! Man sah die Hand vor den Augen kaum. Die beiden machten sich auf den Weg , sie wollten für die Eltern eine schöne Teekanne besorgen, doch schon nach einigen Metern fiel ihnen das laufen im tiefen Schnee schwer und oh Schreck!, sie hatten sich verirrt. Ängstlich duckten sie sich in eine Mauernische und kuschelten sich aneinander , es war auch bitterkalt geworden. "Wir werden warten, bis es aufhört, zu schneien, dann finden wir den Weg bestimmt wieder". meinte Max. Sein Bruder nickte und zitterte am ganzen Leib, so kalt war ihm inzwischen.
    In der Zwischenzeit war den Eltern aufgefallen , dass die Kinder nicht mehr da waren und sie machten sich grosse Sorgen, da es schon dunkel wurde. Sie beratschlagten, was zu tun sei und wo man die Kinder suchen könnte, Die Mutter weinte und der Vater tröstete sie und versuchte, ihr Mut zu zusprechen, obwohl der ihn auch schon langsam verliess.
    Auf einmal klopfte es an der Türe. Der Mäusevater öffnete und bekam einen Riesenschreck! Draussen stand der böse schwarze Kater, der immer den anderen Katzen das Leben schwer machte und er brachte , ihr werdet es nicht glauben , die beiden Mäusekinder nach Hause!
    "Die beiden habe ich soeben am Strassenrand an einem Haustor aufgelesen, sie haben nicht mehr nach hause gefunden, sie sind schon ganz erfroren, ich dachte mir, ihr werdet sie sicher vermissen."
    War das eine Freude! Der Mäusevater konnte es genausowenig wie die Mutter fassen, dass ausgerechnet dieser böse Kater ihre beiden Kinder nach hause brachte und ihnen kein Leid antat.
    Natürlich war der Kater, er hiess Felix, herzlich eingeladen, das Weihnachtsfest mit der Mäusefamilie zu verbringen und war von dieser Zeit an ein guter Freund der Familie und er hatte ausserdem auch eine wunderschöne Teekanne besorgt, aber das ist eine andere Geschichte.

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  • Das Paket des lieben Gottes



    Nehmt eure Stühle und eure Teegläser mit hier hinter an den Ofen und vergeßt den Rum nicht. Es ist gut, es warm zu haben, wen man von der Kälte erzählt.


    manche Leute, vor allem eine gewisse Sorte Männer, die etwas gegen Sentimentalität hat, haben eine starke Aversion gegen Weihnachten. Aber zumindest ein Weihnachten in meinem leben ist bei mir wirklich in bester Erinnerung. Das war der Weihnachtsabend 1908 in Chicago.


    Ich war anfangs November nach Chicago gekommen, und man sagte mir sofort, als ich mich nach der allgemeinen Lage erkundigte, es würde der härteste Winter werden, den diese ohnehin genügend unangenehme Stadt zustande bringen könnte. Als ich fragte, wie es mit den Chancen für einen Kesselschmied stünde, sagte man mir, Kesselschmiede hätten keine Chance, und als ich eine halbwegs mögliche Schlafstelle suchte, war alles zu teuer für mich. Und das erfuhren in diesem Winter 1908 viele in Chicago, aus allen Berufen.


    Und der Wind wehte scheußlich vom Michigan-See herüber durch den ganzen Dezember, und gegen Ende des Monats schlossen auch noch eine Reihe großer Fleischpackereien ihren Betrieb und waren eine ganze Flut von Arbeitslosen auf die kalten Straßen.


    Wir trabten die ganzen Tage durch sämtliche Stadtviertel und suchten verzweifelt nach etwas Arbeit und waren froh, wenn wir am Abend in einem winzigen, mit erschöpften Leuten angefüllten Lokale im Schlachthofviertel unterkommen konnten. Dort hatten wir es wenigstens warm und konnten ruhig sitzen. Und wir saßen, so lange es irgend ging, mit einem Glas Whisky, und wir sparten alles den Tag über auf dieses eine Glas Whisky, in das noch Wärme, Lärm und Kameraden mit einbegriffen waren, all das, was es an Hoffnung für uns noch gab.


    Dort saßen wir auch am Weihnachtsabend dieses Jahres, und das Lokal war noch überfüllter als gewöhnlich und der Whisky noch wässeriger und das Publikum noch verzweifelter. Es ist einleuchtend, daß weder das Publikum noch der Wirt in Feststimmung geraten, wenn das ganze Problem der Gäste darin besteht, mit einem Glas eine ganze Nacht auszureichen, und das ganze Problem des Wirtes, diejenigen hinauszubringen, die leere Gläser vor sich stehen hatten.


    Aber gegen zehn Uhr kamen zwei, drei Burschen herein, die, der Teufel mochte wissen woher, ein paar Dollars in der Tasche hatten, und die luden, weil es doch eben Weihnachten war und Sentimentalität in der Luft lag, das ganze Publikum ein, ein paar Extragläser zu leeren. fünf Minuten darauf war das ganze Lokal nicht wiederzuerkennen.


    Alle holten sich frischen Whisky (und paßten nun ungeheuer genau darauf auf, daß ganz korrekt eingeschenkt wurde), die Tische wurden zusammengerückt, und ein verfroren aussehendes Mädchen wurde gebeten, einen Cakewalk zu tanzen, wobei sämtliche Festteilnehmer mit den Händen den Takt klatschten. Aber was soll ich sagen, der Teufel mochte seine schwarze Hand im Spiel haben, es kam keine reche Stimmung auf.


    Ja, geradezu von Anfang an nahm die Veranstaltung einen direkt bösartigen Charakter an. ich denke, es war der zwang, sich beschenken lassen zu müssen, der alle so aufreizte. Die Spender dieser Weihnachtsstimmung wurden nicht mit freundlichen Augen betrachtet. Schon nach den ersten Gläsern des gestifteten Whiskys wurde der Plan gefaßt, eine regelrechte Weihnachtsbescherung, sozusagen ein Unternehmen größeren Stils, vorzunehmen.


    Da ein Überfluß an Geschenkartikeln nicht vorhanden war, wollte man sich weniger an direkt wertvolle und mehr an solche Geschenke halten, die für die zu Beschenkenden passend waren und vielleicht sogar einen tieferen Sinn ergaben.


    so schenkten wir dem Wirt einen Kübel mit schmutzigem Schneewasser von draußen, wo es davon gerade genug gab, damit er mit seinem alten Whisky noch ins neue Jahr hinein ausreichte. Dem Kellner schenkten wir eine alte, erbrochene Konservenbüchse, damit er wenigstens ein anständiges Servicestück hätte, und einem zum Lokal gehörigen Mädchen ein schartiges Taschenmesser, damit es wenigstens die Schicht Puder vom vergangenen Jahr abkratzen könnte.


    Alle diese Geschenke wurden von den Anwesenden, vielleicht nur die Beschenkten ausgenommen, mit herausforderndem Beifall bedacht. Und dann kam der Hauptspaß.


    Es war nämlich unter uns ein Mann, der mußte einen schwachen Punkt haben. Er saß jeden Abend da, und Leute, die sich auf dergleichen verstanden, glaubten mit Sicherheit behaupten zu können, daß er, so gleichgültig er sich auch geben mochte, eine gewisse, unüberwindliche Scheu vor allem, was mit der Polizei zusammenhing, haben mußte. Aber jeder Mensch konnte sehen, daß er in keiner guten Haut steckte.


    Für diesen Mann dachten wir uns etwas ganz Besonderes aus. Aus einem alten Adreßbuch rissen wir mit Erlaubnis des Wirtes drei Seiten aus, auf denen lauter Polizeiwachen standen, schlugen sie sorgfältig in eine Zeitung und überreichten das Paket unserm Mann.


    Es trat eine große Stille ein, als wir es überreichten. Der Mann nahm zögernd das Paket in die Hand und sah uns mit einem etwas kalkigen Lächeln von unten herauf an. Ich merkte, wie er mit den Fingern das Paket anfühlte, um schon vor dem Öffnen festzustellen, was darin sein könnte. Aber dann machte er es rasch auf.


    Und nun geschah etwas sehr merkwürdiges. Der Man nestelte eben an der Schnur, mit der das Geschenk" verschnürt war, als sein Blick, scheinbar abwesend, auf das Zeitungsblatt fiel, in das die interessanten Adreßbuchblätter geschlagen waren. Aber da war sein Blick schon nicht mehr abwesend. Sein ganzer dünner Körper (er war sehr lang) krümmte sich sozusagen um das Zeitungsblatt zusammen, er bückte sein Gesicht tief darauf herunter und las. Niemals, weder vor- noch nachher, habe ich je einen Menschen so lesen sehen. Er verschlang das, was er las, einfach. Und dann schaute er auf. Und wieder hatte ich niemals, weder vor- noch nachher, einen Mann so strahlend schauen sehen wir diesen Mann.


    Da lese ich eben in der Zeitung", sagte er mit einer verrosteten mühsam ruhigen Stimme, die in lächerlichem Gegensatz zu seinem strahlenden Gesicht stand, daß die ganze Sache einfach schon lang aufgeklärt ist. Jedermann in Ohio weiß, daß ich mit der ganzen Sache nicht das Geringste zu tun hatte." Und dann lachte er.


    Und wir alle, die erstaunt dabei standen und etwas ganz anderes erwartet hatten und fast nur begriffen, daß der Mann unter irgendeiner Beschuldigung gestanden und inzwischen, wie er eben aus dem Zeitungsblatt erfahren hatte, rehabilitiert worden war, fingen plötzlich an, aus vollem Halse und fast aus dem Herzen mitzulachen, und dadurch kam ein großer Schwung in unsere Veranstaltung, die gewisse Bitterkeit war überhaupt vergessen, und es wurde ein ausgezeichnetes Weihnachten, das bis zum morgen dauerte und alle befriedigte.


    Und bei dieser allgemeinen Befriedigung spielte es natürlich gar keine Rolle mehr, daß dieses Zeitungsblatt nicht wir ausgesucht hatten, sondern Gott.


    Bertolt Brecht

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Die schlesische Weihnacht



    Eigentlich fing es damit an, daß Mutter den Lebkuchenteig anrührte, lange vor dem Fest. So richtig gute Lebkuchen brauchten nach dem Backen schon eine geraume Weile, ehe sie weich und saftig wurden. Allein schon der Duft, der die Küche einhüllte, Kardamon und Zimt, Honig und viele Gewürze, die man als Kind ja nicht so genau definieren konnte. Unsere große weiße Backschüssel nahm alles auf, und dann wurde geknetet und probiert. Da noch ein Quentchen Sirup oder eine Prise Hirschhornsalz. Wenn Mutter nicht hinsah, naschte ich heimlich. Der Teig war eine zähe, klebrige Masse, und nur ein wirklich gesunder Kindermagen konnte das verkraften. War er fertig und wurde ausgerollt, bekam ich auch Ausstechförmchen und konnte mithelfen. Aber wohlweislich auch ein eigenes Backbrett, denn nach mehrmaligen Ausrollversuchen färbte sich mein Klümpchen Teig noch dunkler, als es von Natur aus schon war. Das meiste landete sowieso in meinem Schleckermaul. Waren alle Plätzchen im Ofen, fing es an zu duften. Vater kam dann auch in die Küche. Während Mutter ein Blech nach dem anderen aus dem Herd holte, stibitzten wir schon die heiße Köstlichkeit.


    Große Lebkuchendosen wurden herbeigeschafft und nach dem Erkalten der Plätzchen bis an den Rand gefüllt. Vieles wurde probiert, obwohl die Besagten, Süßen doch sehr hart waren. Aber bald schon, in ein paar Wochen, würden sie weich und gut sein. Zu dieser Zeit fingen auch all die Heimlichkeiten an. Im Haus, in der Wohnung, schleppte bald jeder von uns etwas mit sich herum. Wo war wohl der beste Platz, um etwas bis Weihnachten zu verstecken? Unser Vater war im Keller tätig und kam bisweilen nur noch zu den Mahlzeiten heraus. Überhaupt, die Speisen vor Weihnachten waren nicht üppig. Man sollte sich die Gelüste aufsparen, damit die Vorfreude auf die vielen guten Dinge so richtig genossen werden konnte. Mutters Heimlichkeiten erstreckten sich bis in die Nacht hinein. Denn tagsüber wurde sie gequält mit so vielen Fragen, wenn sie auch nur ein kleines, buntes Tüchlein oder ein Stoffrestchen in der Hand verbarg. Gehäkelt und gestrickt hat sie dann bis in den frühen Morgen. Puppenkinder die zerzaust aussahen, bekamen unter ihrer Hand wieder Glanz und neue Kleider. Am Heiligen Abend saßen sie dann unter dem Baum, die Annas und Lottchens. Mit blauen und weißen Bändern im Haar, manchen hatten sogar neue Schühchen an.


    Ich habe damals versucht, mit meinen ungeschickten kleinen Kinderhänden einem grauen Knäulchen Wolle und einer so verflixt glatten Häkelnadel ein Geschenk für Mutter zu entlocken. Die Finger verkrampften sich, und der so erbärmlich wirkende Topflappen war hart wie Stein. Dann warf ich meistens alles erst einmal in die Ecke und verlegte mich aufs Malen. Dabei blieb ich dann, Vater und Mutter freuten sich anscheinend doch immer wieder am meisten über diese „Stilleben" aus meiner Hand. Sie taten jedenfalls so.


    Das Wohnzimmer blieb so ab Anfang Dezember für uns Kinder tabu. Der Schlüssel zur Tür wurde versteckt, und nur Mutter oder Vater holten ihn hervor und gingen leise ein und aus. Selbst das Schlüsselloch wurde verstopft, damit auch ja nichts zu entdecken war.


    Die Adventszeit war also aufregend und schön zugleich für uns. Der Breslauer Weihnachtsmarkt mit dem Zauber der Buden, dem Duft nach Zimt und Glühwein. Um diese Zeit lag meist schon der erste Schnee, und wir gingen mit Mutter dorthin, um zu schauen und auch um ein wenig zu kaufen. Ich besaß einen kleinen, waren Muff und eine weiße, herrliche Pelzmütze. Beides war aus Kaninchenfell und alles Handarbeit. Ich stapfte neben Mutter her und begutachtete die vielen Dinge. Hampelmänner in allen Farben. Zinnsoldaten für die Jungen. Man konnte heiße gebackene Äpfel bekommen, knackige Würstchen bei der alten Marktfrau. Ihr Gesicht war hutzelig, und aus ihren müden Augen rannen Bäche von Tränen, durch die Kälte verursacht. Ihre Hände waren rot und rissig. Sie pries immerzu ihre Waren an: „heiße Wiener, a bissel Mostrich dazu, an, wie wär's, junge Frau?" Mutter ließ mich bei ihr immer für eine kleine Weile zurück und verschwand mit einem Päckchen in einem der alten Häuser,, direkt am Rathaus. Im zweiten Stock hatte ein Puppenmacher seine Werkstatt, und mir fehlten ja seit ein paar Tagen zwei meiner geliebten Puppenkinder. Wie gerne wäre ich einmal mitgegangen, nach oben in diese Werkstatt. Mutter nahm mich niemals mit, ich weiß bis heute nicht den Grund. Aber es wird schon einen gegeben haben. Kam sie dann zurück, lachte sie und tat sehr geheimnisvoll. wir gingen zusammen zu Waxmann, einem Süßwarengeschäft. Dort wurde eingekauft, was Kaufladen und Puppenstube so alles nötig hatten. Das meiste war „marzepanich" oder aus Fondant. Auch Liebesperlen und Zuckerlinsen usw. usw. Während Mutter aussuchte, wurde ich abgelenkt, denn alles um mich herum war Weihnachtsgeheimnis. Pfefferminzbruch kam als Abschluß in eine große Tüte. War die Draufgabe der Chefin selbst. Sie saß nur an der Kasse und sah nobel aus. Sie trug eine Gemmenbrosche an ihrer schneeweißen Bluse. Mutter und sie müssen sich gut gekannt haben, ihre Unterhaltung war immer sehr herzlich.


    Dann wurde eingekehrt, meist in den Schweidnitzer Keller, einem Lokal im Rathaus. jeder Breslauer kannte es. Es war urgemütlich, viele Studenten in ihren bunten Mützen saßen an weißgescheuerten Holztischen. Wie lang ist das nun alles her!


    Wir gingen auch jedes Jahr um diese Zeit ins Breslauer Theater. Vater bekam immer karten geschenkt. Allein die Vorfreude auf dieses Ereignis war riesig. Meist waren es Singspiele für Kinder, das Ballett „Die Puppenfee" oder „Der Kuchenpeter". Auch „Hänsel und Gretel", die Märchenoper von Humperdinck stand auf dem Programm. Ich trug dazu ein Kleidchen aus hellblauem Musselin. Der kleine runde Kragen war aus grauem Satin, und mit weißen Strümpfen und schwarzen Lackschuhen war ich wirklich fein herausgeputzt. Wie festlich war alles. Mutter ermahnte mich immer wieder, ja leise zu sein, nicht laut im Theater zu sprechen, überhaupt sich manierlich zu benehmen. Damals fiel mir das noch nicht schwer, die meisten Kinder in meinem Alter waren brav und wohlerzogen. Später, in Bayern, hatte ich so meine liebe Not mit dem Bravsein. Alles zu seiner Zeit.


    Nikolause konnten mich damals nicht ergötzen, ich wüßte schon, wie es damit aussah. Hatte einmal meiner lieben Tante Margot die Larve vom Gesicht gezogen und war daraufhin mehrere Tage ziemlich verstört. Ich hatte so fest an den heiligen Mann aus dem Himmel geglaubt. Eine Enttäuschung, die wohl jedem Kind nicht erspart bleibt.


    Je näher das Christfest heranrückte, um so mehr Arbeit hatten die Eltern. Besonders Mutter gönnte sich keine ruhe. Sie lief treppauf', treppab. Ihre von Natur aus roten Wangen wurden noch röter. Verwandte schauten bei uns herein, es wurden Berge von den saftigen Lebkuchen und ofenwarmer schlesischer Streuselkuchen aufgetischt. Jeder freute sich auf das Fest. Nur Mütter wirkten in diesen Zeiten auch gehetzt, genauso wie heute. Es hat sich auf diesem Gebiet nichts geändert. Nur alles war eine Spur leiser und geheimnisvoller. Weder grelles Neonlicht der vielen tausend Lichterketten in den heutigen Warenhäusern störte noch das schrille Gedudel der alten vertrauten Weihnachtslieder, die Kinderherzen begeistern und Eltern in einem Kaufrausch stützen sollen. Es wurde auch geschenkt, aber viel bedachter als heute. In den Gassen der Stadt huschten die Menschen, Christbäume wurden auf den Märkten angeboten. Sie kamen aus den Wäldern des Riesengebirges, dufteten nach frischem Harz und hatten Schneehauben auf Spitze und Zweigen. Allein diese Bäume trugen auch zum Geheimnis meiner Kinderzeit bei. Erklang am heiligen Abend die kleine Glocke und die Wohnzimmertür wurde langsam geöffnet, dann war da nur erst einmal dieser Baum! So festlich geschmückt die Spitze mit den silbrig schimmernden Glöckchen daran. Eingesponnen in Fäden von feinem Engelshaar. Sie bewegten sich leise im Wind der Kerzenwärme. Kleine Trompeten und zerbrechliche Kugeln, Lametta und viele echte weiße Kerzen schmückten unsere Tanne. Im Zimmer war es ganz dunkel, nur der Baum strahlte, funkelte und duftete. Die Eltern standen Hand in Hand und schauten auf uns Kinder. Wie dankbar ich damals war, ja, das kann ich heute nur noch erahnen. Selbst in den Kriegsweihnachten haben die Eltern noch immer versucht, uns den Zauber dieser Stunden zu bescheren.


    Christel Brückner

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Antonia sucht den Weihnachtsmann


    Der Sommer neigte sich dem Ende zu, der Herbst zog ins Land ein. Solange die Sonne vom Himmel lachte, hatte Antonia ihren größten Wunsch und Traum etwas vergessen. Jetzt wo es kühler wurde, musste sie immer wieder daran denken. Nun saß sie einsam auf ihrer kleinen Bank vor dem Haus und grübelte über ihren Traum nach. „Was hast du? Du siehst so traurig aus“ frug ihr kleines Häschen und schaute seine große Freundin fragend an. „Du kannst mir sicher auch nicht helfen“ antwortete Antonia „ich möchte einmal den Weihnachtsmann bei seiner Arbeit beobachten und ihm helfen. Keiner kennt jedoch den Weg und Keiner kann mir helfen.“ „Vielleicht kann ich dir doch helfen“ tröstete das kleine Häschen. „Ich kann ja mal meine Freunde draußen im Walde fragen.“ „Würdest du das für mich tun?!“ staunte Antonia. „Aber gerne, du bist doch meine Freundin! Nun lass den Kopf nicht mehr hängen, freu dich wie schön die Blätter tanze. Hole deinen Drachen, er steigt bestimmt bei dem Wind und heute Nacht hoppel ich in den Wald und frage mal die anderen Tiere.“


    Antonia freute sich über die Aussicht und holte auch tatsächlich ihren Drachen, stieg damit auf den Berg und sah seinem gleiten zu.“ Schnell verging der Tag, Antonia träumte davon wie ihr kleiner Freund durch den Wald zu den Tieren ging. Zuerst schaute sich Hopps im Walde um und versuchte Witterung aufzunehmen. „Wo finde ich die Anderen überlegte er.“ Weiter ging es in leisen Sprüngen. Er hielt wieder inne, und schnüffelte nach allen Seiten. „Da? War da nicht etwas?“ noch etwas weiter, dem Geruch nach, wagte er sich in den Wald. Dann sah er fast vor sich, einen Hirsch stehen. Hopps trommelte seine Nachricht auf den Waldboden. Sie hieß „Großer Hirsch, kannst du helfen? Ich suche den Weihnachtsmann, weißt du wo er wohnt?“. Da der Hirsch die Sprache der Hasen versteht, antwortete er mit einem Röhren. „ich kenne ihn nicht, aber mein Bruder der Elche könnte ihn kennen. Ich werde ihn fragen, wenn es dir so wichtig ist. „Es ist mir sehr wichtig, da meine beste Freundin Antonia sonst traurig ist und ich habe ihr Hilfe versprochen.“ „Komm in zwei Tagen wieder“ antwortete der Hirsch „dann werde ich dir Antwort geben können.“ Der Hirsch machte sich sogleich auf den Weg. An hohen Tannen vorbei, durch dichtes Gestrüpp setzte er in großen Sprüngen zu seinem Bekannten dem Elch. Dieser war nicht gerade begeistert von der Bitte die Adresse des Weihnachtsmannes preiszugeben. „Du weist, dass keine Kinder zum Weihnachtsmann dürfen, sie sehen ihn, wenn er zu ihnen kommt, aber nicht vorher. Und helfen, ha, ha, ha, dafür hat er seine Zwerge.“ Brummte er lachend. „Hopps, hat gesagt, dass Antonia ein besonders liebes Mädchen ist“ bat der Hirsch weiter. „Gut, ich werde es testen. Bringe sie, wenn der Mond sich wendet zu mir dann werde ich entscheiden, ob sie zum Weihnachtsmann darf oder nicht.“ „Danke“ ich werde pünktlich sein verabschiedete sich der Hirsch.


    Als zwei Tage später Hopps zu ihm kam, konnte der Hirsch ihm diese gute Nachricht mitteilen. Wie freute sich erst Antonia, als ihr Hopps erzählte was er erreicht hatte. Sie war so aufgeregt, dass sie die nächsten Abende kaum einschlafen konnte. Und dann war es endlich soweit, Hopps führt sie bis zum Waldrand, wo der Hirsch schon auf die beiden wartete und Antonia durfte auf seinen Rücken steigen. Schnell wie der Wind ging es durch den Wald bis sie beim Elch waren. „Na, da bist du ja, Antonia“ empfing sie der Elch „du möchtest also unbedingt zum Weihnachtsmann in seine Werkstatt?! Was wünschst du dir eigentlich zum Fest?“ „Das ist mein größter und einzigster Wunsch“ antwortete Antonia. „Wenn du aber nun einen Wunsch frei hättest“ beharrte der Elch weiter. „Dann würde ich mir für meinen kleinen Bruder eine Eisenbahn wünschen. Wie würde er sich freuen und ich hab ihn sehr lieb!“ „Damit hast du die Prüfung bestanden“ freute sich der Elch. „Welche Prüfung?“ wurde


    Antonia sucht den Weihnachtsmann
    Antonia jetzt neugierig. „Wenn jemand zum Weihnachtsmann möchte, sollte auch selbstlos an Andere denken. Du hast an Deinen Bruder gedacht und nicht nur an dich. Der Weihnachtsmann arbeitet das ganze Jahr für Andere, um Erwachsenen und Kindern Freude zu bereiten. Wer ihm hilft, sollte auch ein Herz für Andere haben. So nun wollen wir uns auf den Weg zum Weihnachtsmann machen. Jetzt durfte Antonia auf dem Rücken des Elches Platz nehmen und der Ritt ging weiter. Tiefer ging es in den Wald hinein, immer dichter standen die dickbeschneiten Bäume. Nur weil sich Antonia fest an den Hals des Elchs anschmiegte, wurde sie nicht von den ihr entgegenwehenden Ästen vom Rücken ihres Reittieres heruntergeholt.


    Nun waren sie bei der Werkstatt des Weihnachtsmannes angekommen. Zuerst wurden sie von einem Zwerg begrüßt, der schon auf Antonia gewartet hatte. Er führte sie nun ins Reich der Weihnacht. „Hierher dürfen nur ganz wenige Menschen, dir Antonia ist es erlaubt. Jedoch darfst du nie darüber zu deinen Freundinnen sprechen, es bleibt unser Geheimnis. Versprichst du mir das?“ „Ja, das verspreche ich, geglaubt hätte es mir sowieso niemand, weil kein Kind das ich kenne je hier war.“ „Da hast du recht, aber jetzt komm rein.“ Beide betraten jetzt einen großen Saal in dem es von weihnachtlicher Musik summte und die Düfte von Zimt und Pfefferkuchen lagen in der Luft. Antonia sah sich vorsichtig und staunend nach allen Seiten um. „Oh, wie wunderschön ist es hier!“ rief Antonia immer wieder. Dann sah sie den Weihnachtsmann, wie er auf einem viele Meterlangen Wunschzettel Wunsch für Wunsch abhakte. Viele Päckchen lagen auf verschieden Bergen aufgeschichtet. Die Zwerge waren fleißig bei der Arbeit. Puppen wurden neu angezogen, Teddys mit Holzwolle ausgestopft, in der Wichtelküche waren Zwergenbäcker dabei die Plätzchen und Pfefferkuchen zu verzieren. Antonia konnte sich nicht satt sehen an all den schönen Dingen. Kleine Englein halfen den Zwergen. Einige übten kräftig Weihnachtslieder ein, damit ihr Chor am Heiligen Abend besonders gut klingen würde. Ein Anderes versorgte den Esel von Knecht Ruprecht. Antonia wusste gar nicht wo sie zuerst hinschauen sollte. „Na wie gefällt es dir bei uns?“ fragte sie jetzt der Weihnachtsmann. „Danke, danke, das ich all die schönen Dinge einmal sehen durfte.“ Strahlte Antonia übers ganze Gesicht. „Nun wird es aber Zeit nach Hause zu gehen“ erinnerte der kleine Zwerg, der Antonia die ganze Zeit begleitet hatte. „Schade, wie schnell doch die Zeit vergeht“. Antonias Mund entschlüpfte ein gähnen. „Na komm, die heutige Nacht soll noch einen besonderen Abschluss haben“ meinte der Weihnachtsmann. „Ich habe die Renntiere schon einspannen lassen. Komm steig ein.“ Antonia konnte gar nicht so schnell staunen wie der Renntierschlitten durch die Luft sauste und vor ihrem Haus landete. „Gute Nacht und danke!“ Konnte Antonia gerade noch rufen, als Alles vorbei war und sie zu Hause in ihrem Bett lag. Als sie die Augen aufschlug, lag neben ihr auf dem Kopfkissen ein Pfefferkuchenherz. Antonia überlegte, hatte sie das Alles nur geträumt in der letzten Nacht, oder war sie beim Weihnachtsmann gewesen. Auf alle Fälle war es wunderschön.


    Christina Telker

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • BRIEF AN DEN WEIHNACHTSMANN



    Vor etlichen Jahren lebte in einer englischen Stadt ein Mann, den ich Fred Armstrong nennen will. Er war im Postamt tätig, wo er die falsch oder unleserlich adressierten Sendungen zu bearbeiten hatte. Er wohnte in einem alten Haus mit seiner kleinen Frau, einer noch kleineren Tochter und einem ganz kleinen Sähnchen. Er liebte es, sich nach dem Abendbrot eine Pfeife anzuzünden und den Kindern zu erzählen, was für Meisterstücke an Findigkeit er heute vollbracht hatte. Er fühlte sich ganz als Detektiv. Keine Wolke trübte seinen bescheidenen Horizont.
    Keine Wolke, bis an einem sonnigen Morgen sein kleiner Bub plötzlich krank wurde und binnen achtundvierzig Stunden starb. Von diesem Tag an war auch Fred Armstrongs Seele wie erstorben. Die Mutter und das Töchterchen Marian bemühten sich, gegen ihren Schmerz zu kämpfen und sich nach Möglichkeit in das Unwiderrufliche zu fügen. Nicht so der Vater. Sein Leben war jetzt gleichsam ein verirrter Brief ohne Ziel. Am Morgen stand er vom Bett auf, um wie ein Schlafwandler seine Arbeit zu verrichten, er redete nie ein Wort, außer wenn er angesprochen wurde, aß sein Mittagbrot allein, saß beim Abendbrot am Tisch wie ein steinerner Gast und ging früh wieder zu Bett.
    Aber seine Frau wusste, dass er fast die ganze Nacht mit offenen Augen dalag und zur Decke hinaufstarrte. Die Monate von Mai bis Dezember gingen dahin, aber er schien nur immer tiefer in seine Apathie zu versinken. Die Frau hielt ihm vor, dass eine solche Verzweiflung ein Unrecht an ihrem verstorbenen Jungen sei und ein Unrecht an den Lebenden. Aber nichts von dem, was sie sagte, schien bis zu ihm zu dringen.
    Eines wintergrauen Nachmittags saß Fred Armstrong auf seinem hohen Bürohocker und schob soeben einen neuen Stoß Briefe unter die elektrische Hängelampe. Obenauf lag ein Brief, bei dem er sich nicht lange den Kopf zerbrechen brauchte, ob er zustellbar sei oder nicht. "An den Weihnachtsmann, Nordpol", stand in ungelenker Blockschrift mit Bleistift auf dem Umschlag geschrieben. Armstrong wollte ihn schon wegwerfen, als ein unbestimmtes Gefühl ihn davon abhielt. Langsam öffnete er den Brief und las:
    "Lieber Weihnachtsmann, wir sind sehr traurig bei uns daheim dies Jahr, und ich möchte nicht, dass du mir etwas bringst. Letztes Frühjahr ist mein Brüderchen in den Himmel gekommen. Ich hab bloß eine Bitte an dich, wenn du in unser Haus kommst, dass du Brüderchens Spielsachen mitnimmst. Ich werde sie in die Ecke beim Küchenherd tun, sein Steckenpferd und seine Eisenbahn und alles. Ich weiß, er wird sich im Himmel droben ganz verlassen fühlen ohne seine Sachen, besonders ohne sein Pferd.
    Er ist immer so schrecklich gern darauf geritten, deshalb musst du sie bitte für ihn mitnehmen, und es ist auch gar nicht nötig, dass du für mich etwas dalässt, aber wenn du Vati etwas bringen könntest, dass er wieder seine Pfeife raucht und mir Geschichter, erzählt, so wünsche ich von Herzen, du würdest es tun. Ich habe ihn einmal zu Mutti sagen hören: Mich kann nur die Ewigkeit heilen. Könntest du ihm davon etwas bringen? Ich will auch immer sein dein braves, kleines Mädchen Marian."
    An diesem Abend ging Fred Armstrong mit rascheren Schritten heim durch die erleuchteten Straßen. Im Vorgarten blieb er in der Winterdunkelheit stehen und zündete sich seine Pfeife an. Als er dann die Küchentür öffnete, blies er eine große Rauchwolke vor sich her, und sie legte sich wie ein lichter Schein um die Köpfe seiner überraschten Frau und Tochter. Und er lächelte ihnen zu, ganz so, wie er es früher immer getan hatte.

    Eine Geschichte von Fulton Dursler

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • DER VERSCHWUNDENE WALD


    Über Nacht war der Wald ganz weiß geworden. Weiß und weich war der Boden, weiß glitzerte es von den Ästen und Zweigen, und weiß waren auch die Wiesen und Hänge. Die jungen Hasen, die das zum erstenmal erlebten, waren sehr erstaunt und versuchten, dieses "Weiße" zu fressen. Aber es schmeckte ihnen nicht. Ganz und gar nicht. Auch die Mäuschen, als sie aus ihren Löchern kamen, waren nicht begeistert, denn sie versanken tief in der lockeren weißen Masse, die da plötzlich alles bedeckte. Die Vögel hielten eine Versammlung ab, um zu beraten, was jetzt zu tun sei, denn man konnte ja fast kein Futter mehr auftreiben.
    Ein Teil beschloß, in die Dörfer und Städte hinunterzufliegen und sich dort irgendwie zu verköstigen, ein anderer Teil aber blieb im Wald und begann die Fichten- und Tannenzapfen zu plündern. Alle konnten das nicht, da mußte man schon so gut darauf eingerichtet sein wie die Spechte und Kleiber.
    Am allerbesten verstand sich der Kreuzschnabel darauf. Der war den ganzen Sommer hindurch in der weiten Welt umhergezogen, aber jetzt fand er es hier wunderschön und begann sogar ein Nest zu bauen für seine Kinder, denn nie im ganzen Jahr gab es für ihn wieder so viel Futter wie gerade jetzt, und das mußte man doch ausnützen. Die rotbauchigen Gimpel verzogen sich aus dem Bergwald, auch die dicken Grünfinken und die Meisen flogen ins Tal hinab. Selbst der blau-graue Kleiber machte ab und zu einen kleinen Ausflug zu den Menschen.
    Eines Tages aber kam er ganz aufgeregt zurück. "Denkt euch nur, die Menschen bauen mitten in der Stadt einen Wald!" Der große Buntspecht, der eben einen großen Föhrenzapfen zwischen zwei Äste eingeklemmt hatte, begann zu lachen, daß es im ganzen Wald zu hören war. "Was willst du uns denn da wieder für eine Dummheit erzählen?" sagte er und lachte immer wieder. "Wie kann man denn einen Wald bauen, du Dummkopf!" Der Kleiber war sehr gekränkt und sagte nichts mehr. Am nächsten Tag aber kam eine Blaumeise und holte ihre Familie. Sie wollten übersiedeln, sagte sie. In der Stadt unten sei ein prächtiger Fichtenwald gewachsen, und da könne man viel besser wohnen als hier; auch seien die guten Futterplätze gleich zur Hand.
    Da wurden die anderen Vögel doch stutzig, und alle, mit Ausnahme des Kreuzschnabels, der ja gar nichts anderes haben wollte, und des Spechtes, der ungläubig blieb, flogen auf und davon, um sich den neuen Wald anzuschauen. Am Abend kamen sie zurück und erzählten Wunderdinge von dem schönen Wald mitten in der Stadt und den vielen Lichtern rundherum, daß der Specht zornig wurde und sich in seine Baumhöhle zurückzog, um diesen "Dummheiten", wie er meinte, nicht länger zuhören zu müssen. Viele der Vögel aber beschlossen, sofort auszuwandern, andere wollten noch etwas abwarten. Aber als alles gut ging, zogen in den nächsten Tagen immer mehr in die Stadt, selbst die Maus, die in der Nähe der alten Tanne wohnte, übersiedelte. Immer einsamer wurde es im Wald, nur der Specht lachte laut und hämmerte wild an den Stämmen.
    So verging einige Zeit im Dezember. Da waren eines Tages ein paar Haubenmeisen und der Kleiber wieder da. Der Wald da unten, erzählten sie, würde immer kleiner, und sie hätten keinen Platz mehr. Am nächsten Tag kamen weitere Auswanderer zurück. Der Specht, ob wohl er doch der Erfahrenste im ganzen Walde war, verstand das Ganze nicht mehr. Als aber dann alle anderen Vögel wieder zurückkamen, entschloß er sich zu einer Besichtigung der sonderbaren Sache und nahm sich einen Kleiber als Führer mit. Doch sie konnten diesen seltsamen Wald nimmer finden. Wie ein Spuk war er verschwunden. Der Specht sagte, er hätte an den "Schwindel" ohnehin nie geglaubt, aber der Kleiber war beleidigt und suchte und suchte. Endlich fanden sie einen einzigen Baum - dieser aber stand in einer Wohnung, war ganz bunt geworden, und Lichter brannten an seinen Ästen. Da fing der Specht wieder zu lachen an und flog nach dem Wald zurück. "Ihr Dummköpfe", sagte er zu den Vögeln, "euer Wald, das waren doch Weihnachtsbäume!"


    Eine Geschichte von Eric Reine

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Das Weihnachtswunder



    In einem tiefen Wald lebte eine dreiköpfige Familie. Die Mutter, der Vater und die 6-jährige Tochter. Sie lebten in einem kleinen verfallenen Häuschen. Bald stand Weihnachten vor der Tür. Doch die Eltern hatten keine Arbeit, deswegen konnten sie sich keinen Christbaum leisten. Mutti und Vati waren sehr traurig, weil sie ihrer Tochter nichts schenken konnten. Julia wusste nicht, dass die Eltern keine Arbeit hatten und sie freute sich so auf ein Geschenk. Schon langsam wurde es dunkel. Doch die Eltern wussten sich nicht zu helfen. Nach einiger Zeit ging Julia schlafen. Sie räumte von einem Weihnachtsbaum der geschmückt war. Die Eltern gingen später voll Sorgen schlafen, denn sie wussten nicht wie sie Julia erklären sollten, dass sie keine Geschenke bekommt. In der Zwischenzeit rutschte ein Weihnachtsmann durch das Ofenrohr. Er hatte einen kleinen geschmückten Christbaum in der rechten Hand. In der linken Hand trug er einen braunen Sack mit Geschenken für Julia, den Eltern brachte er einen Sack mit Geldmünzen. Er stellte den Christbaum auf den Boden und darunter legte er dienprachtvollen Geschenke. Der Weihnachtsmann hatte in seiner Manteltasche Zauberwasser. Mit seiner Hand goss er das Zauberwasser über den Baum. Schön langsam wuchs der Baum. Am Heiligen Abend war der Baum, ganz ganz groß und mit Leckereien geschmückt. Jetzt wussten die Eltern nicht was sie tun sollten. Zum Glück war der liebe Weihnachtsmann hier. Die Eltern gingen ins Zimmer und erschraken. Wer hat denn diese Geschenke besorgt? Da kam Julia ins Zimmer. Auf einem Geschenk stand ihr Name. Auf dem anderen stand: für die Eltern. Die dreiköpfige Familie riss die Geschenke voller Freude auf. Julia schrie: "Endlich habe ich Geschenk bekommen!" Jetzt schrieen die Eltern: "Wir haben Geld bekommen!" Alle schrieen: "Das kann nur der Weihnachtsmann gewesen sein!" Die Familie war noch nie so glücklich!!!!!!!!!

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Der Weihnachtsengel namens Elvira


    Vor langer, langer Zeit im Wolkenland namens Notre, schwebte der Weihnachtsengel Elvira durch die Wolken ohne Sorgen. Elvira sah im nahem Land das Land namens Blümchen, dort war die Weihnachtsstimmung groß. Da sangen und schrieben alle lange Wunschbriefe. Klara schrieb diesen Brief: Lieber, lieber Weihnachtsengel, ich weiß ganz genau, du lebts im Wolkenland. Wenn du es nicht so weit bis zu mir hast dann erfülle mir diese Wünsche: einen Hund, eine Puppe, Ohrringe und einen Ring. Als Elvira diesen Brief gelesen hatte, freute sie sich, dass doch noch jemand an sie glaubte. Jetzt bastelte der Weihnachtsengel voll Freude eine schöne Puppe. Den Hund, die Ohrringe und den Ring, die sich Klara gewünscht hatte, zauberte der Weihnachtsengel. Bis zu Weihnachten hatte der Engel die Geschenke verpackt. Anschließend war Heiliger Abend, die Bescherung fing an, aber zuerst sangen alle leise rieselt der Schnee. Aber jetzt begann die Bescherung wirklich. Klara hatte viel Freude mit den Geschenken. Sie hoffte, dass sie im nächsten Jahr wieder so tolle Geschenke bekäme. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Das Englein mit dem weißen Näschen


    [Blockierte Grafik: http://schanigoarten.com//Bilder/Weihnachtsgifs/00.gif]


    Auf einer großen Wolke sind viele, viele Englein damit beschäftigt, sich auf das Weihnachtsfest vorzubereiten,
    Überall werden Nüsse vergoldet, Gebäck mit Puderzucker bestreut, Äpfel blank gerieben und Päckchen mit roten Bändern verschnürt.


    Wenn die Engel aus der Weihnachtsbäckerei frisches Gebäck bringen, werden sie jedes Mal von den herrlichsten Düften begleitet. Allen läuft das Wasser im Munde zusammen, aber Naschen dürfen sie natürlich nicht, denn alles ist ja für de Kinder auf Erden bestimmt.


    Plötzlich wird es mucksmäuschenstill. Der heilige Nikolaus steht auf einmal da und keiner hat ihn kommen sehen. Aber sein Gesicht strahlt vor Freude und wohlgefällig sieht er auf seine fleißigen Schützlinge hinab.


    Gerade als er wieder gehen will, fällt sein Blick auf das allerkleinste Engelchen. Es sitzt am Rand einer Wolke und ist ganz mit Zucker beschmiert. Sogar auf dem winzigen Nässchen sitzt ein scheeweißer Fleck. Aber warum weint es denn so sehr ? Der Nikolaus kommt näher und sieht überall Kuchenkrümel und Nussschalen herumliegen. Der kleine Tunichtgut hatte nicht den Kuchen bestäubt - nein er hat ihn gefuttert. Und nun hat er Bauchschmerzen bekommen. Der Nikolaus nimmt den kleinen Sünder bei der Hand und führt ihn zur Hausapotheke. Kurz danach geht es dem kleinen Engelchen wieder besser und es kann an der Musikantenprobe teilnehmen.


    Der Nikolaus hört der Generalprobe zu und ist eigentlich recht begeistert. Doch bei der letzten Melodie, legt er seine Hand hinter sein rechtes Ohr um genauer hinhören zu können. MMhh - murmelt der Nikolaus, so gut Euer Spiel auch ist, irgendeine Flöte quietscht immer grässlich daneben. Ich möchte nur wissen, wer der unmusikalische Störenfried ist.


    Und natürlich, Ihr habt es schon geahnt, ist es das naschhafte Englein von heute morgen. Obwohl es sich hinter den anderen Englein versteckt, entdeckt es der Nikolaus doch. 'Du bist wohl noch zu klein zum mitspielen', sagt er und lässt sich die Flöte geben.


    Der verhinderte Musikant setzt sich schmollend auf eine Wolke und lässt seine Beinchen hinabbaumeln. Interessiert schaut er den Schneeflocken zu, wie der Wind sie manchmal zu lustigem Tanz antreibt.


    Als unser Englein sich einmal vornüberbeugt, um einer besonders dicken Flocke nachzusehen, purzelt es kopfüber hinunter. Ist das ein Schreck !!!


    Ein Glück, dass es sich grad zur rechten Zeit noch an seine Flügelchen erinnert. So landet es doch noch wohlbehalten auf der Erde - in der Nähe eines kleine Dorfes. Als das Englein an das erste Haus kommt, schaut es neugierig zu einem Fenster hinein und presst dabei sein zuckerweißes Näschen an die Scheibe. In der Stube hat gerade ein kleiner Junge seine Geschenke bekommen. Plötzlich hebt er den Kopf und entdeckt das Englein. Als er mit erstaunten Augen auf das Fenster zugeht, fliegt das Englein schnell weiter. Auf der Fensterscheibe aber ist ein weißer Fleck zurückgeblieben. 'Mutti' ruft der kleine Junge, 'gerade war ein Englein am Fenster, sieh nur den weißen Fleck'.


    Langsam wird es Abend und die Zeit zum Kirchgang ist gekommen. Auch der kleine Junge muß seine neuen Spielsachen kurzzeitig verlassen und stampft mit seinen Eltern durch den hohen Schnee zur Kirche.. Plötzlich beliebt er stehen und zeigt auf einige winzige Stellen im Schnee. Die Spur führt den ganzen Weg entlang bis hinauf zur kleinen Dorfkirche.


    'Hier ist das Englein vorbeigekommen, das vorhin durchs Fenster geschaut hat', sagt der kleine Junge aufgeregt. 'Ganz bestimmt' Die Mutter lächelt fein und zieht ihn weiter.


    Als die Gemeinde in der Kirche ein Weihnachtslied singt, blickt der kleine Junge mit glänzenden Augen zur Decke. Dort sind prächtige Gemälde zu sehen. Und all diese Bilder sind von vielen Engeln umgeben.


    Aber eines von ihnen bewegt sich ja.


    Der kleine Junge hält den Atem an. Sein Englein sitzt da oben und sieht mit einem schelmischen Blick auf ihn herab. Dann fällt es mit seinem glockenhellen Stimmchen in den Gesang ein. 'Stille Nacht, heilige Nacht...'


    Im Himmel wird das Englein schon vermisst und so macht es sich nach dem Gottesdienst auf den Heimweg. Und dort hat es viel zu erzählen.


    Die anderen Engel kommen aus dem Staunen nicht heraus. Und auch der Nikolaus hört gespannt zu. Als das Engelchen seine Geschichte zu Ende erzählt hat, schaut es etwas verunsichert zum Nikolaus der offenbar ganz angestrengt nachdenkt. Oooh, bestimmt überlegt er sich grade eine Strafe für mich, fürchtet das Englein und ist auf einmal nicht mehr ganz so stolz auf seinen Ausflug. 'Aber der Junge, der war schon nett' .


    Nach einigen Minuten des Schweigens geht der Nikolaus auf das kleine weiße Englein zu. 'Fürs Backen bist Du zu naschhaft, musizieren kannst Du auch nicht - aber Du bringst Freude in das Leben der Menschen und so sollst Du fortan der Schutzengel des kleinen Jungen sein'.


    Der kleine Engel konnte es nicht glauben -> Er durfte ein Schutzengel sein - wie schön, das hätte er sich nie erträumt. Und schon schwang er wieder seine kleinen Flügelchen und schwebte Richtung Erde. Er wollte doch gleich mal nachsehen ob es 'seinem' Jungen auch gut gehe.


    Wir sehen unsere Schutzengel ja fast nie. Oder - doch - halt. Im Winter könnt Ihr manchmal die weißen Tupfer am Fenster entdecken. Das sind die Spuren, die das Näschen von Eurem Schutzengel an Eurem Fenster hinterlässt.

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Das kleine Kätzchen und der Weihnachtsmann


    Barbara Pronnet


    Ein kleines Kätzchen lag eingerollt auf einer Stufe eines alten Hauses. Sein kleiner Bauch hob sich langsam auf und ab.
    Es war ein Tag vor Weihnachten. Die vielen Füße mit den dicken Winterschuhen die an dem Kätzchen vorbeilaufen bemerkt es nicht.
    Es hatte leicht angefangen zu schneien und ein kalter Wind pfiff um die Häuserecken.
    Das grauweiße Kätzchen schlug die Augen auf und steckte die Nase in die feucht Luft. Kalt ist es geworden und es gab heute noch nichts zu fressen. Es streckte sich und beobachtete die vielen Menschen die hektisch und schnell durch die Straßen liefen.
    So eine Kälte kannte es nicht, denn es war erst im März geboren worden und bei der Mutter mit all den vielen Geschwistern war es herrlich warm gewesen. Der Geruch der Milch die es regelmäßig zu trinken gab stieg ihm in die Nase und es leckte sich das kleine Maul.


    Schön war es da gewesen, aber plötzlich waren die Geschwister weg und die Mutter hatte sich nicht mehr um es gekümmert. Das war eine schlimme Zeit gewesen, auf einmal mußte sich das Kätzchen selbst Nahrung suchen und die Geborgenheit der Familie fehlte ihm sehr.
    Immer weiter lief es von dem Ort der zerronnenen Behaglichkeit fort und landete an einem Platz wo es viele Häuser und Menschen gab. Dort war es laut und gefährlich, die großen Gegenstände wechselten schnell und das Kätzchen mußte oft einen riesigen Satz machen um einem rollendem Ungeheuer auszuweichen.


    Es gab zwar viele Mäuse und Reste von Fressen in großem Behältern, aber gemütlich war das nicht.
    Auch die Revierprobleme der bereits einheimischen Katzen war immer wieder ein großes Problem. Ständig gab es Auseinandersetzungen und Raufereien bei dem auch mal Blut floß.
    Das Leben war schwierig und gefährlich geworden und nur in ihren Träumen konnte das kleine Kätzchen noch Freude empfinden.
    Und jetzt war es auch noch kalt geworden. Die Nässe kroch sich unters Fell und einen warmen Schlafplatz zu finden wurde immer schwieriger.


    Traurig und mit knurrendem Magen schlich das Kätzchen die graue Hausmauer entlang. Die weißen Flocken die jetzt wild umher tanzten legten sich auf sein Fell und färbten es weiß.
    Ein großer weißer nasser Ball flog ihm entgegen und zerplatze auf seinem Kopf. Das Kätzchen duckte sich ängstlich und hörte lachende Kinderstimmen an sich vorbeilaufen.
    Es schüttelte sich und die kalte Masse fiel zu Boden. Überall brannten schon Lichter und die Dunkelheit breitete sich langsam über die Stadt. Jetzt mußte ein halbwegs warmer Schlafplatz gefunden werden und vielleicht lief ihm ja eine unvorsichtige Maus über dem Weg. Das wäre mal ein Glück. Aber die gewieften Stadtmäuse hatten längst die Taktik der Katzen erkannt und versteckten wohlweislich in ihren tiefen Löchern.


    Die vielen dunklen und unheimliche Gänge der nassen Straßen machten ihm immer wieder Angst.
    Mutlos setzte es sich kurz auf den Randstein und schnaufte tief durch.
    Still war es geworden und kein Licht brannte mehr. Es schien, als würden alle Häuser verschwunden und kein Geräusch war zu hören.


    Plötzlich sah es in einer nahen Querstraße eine helles Licht leuchten.
    Das war so hell, daß das Kätzchen die Augen zuzwinkern mußte. Vorsichtig setzte es eine Pfote vor die andere und schlich in die Nähe der ungewohnten Helligkeit. Sein Herz klopfte wild doch eine angeborene Neugier ließ sich nicht verleugnen.
    Als es um die Ecke lugte woher das merkwürdige Licht kam glaubte es seinen Augen nicht zu trauen.
    Das Licht schien wie ein Kreis und in dem Kreis saß ein dicker Mann mit einem langen, weißem Bart und einem rotem Mantel und neben ihm stand eine Kutsche und daran waren große Tiere eingespannt. Er hatte die Hand an der Stirn und schüttelte ständig den Kopf und murmelte:


    „Ohje, ohje, ohje, ohje“.



    Um ihm herum lagen lauter Spielsachen kunterbunt durcheinander. Da gab es Puppen, Stofftiere –auch eine rote Stoffkatze war darunter -, Naschwerk und vieles mehr. So viele herrlich Sachen hatte das Kätzchen noch nie gesehen.
    Der dicke Mann hielt eine alten Leinensack in die Höhe und sagte zu den komischen Tieren vor seiner Kutsche.
    „Ihr wart eindeutig zu schnell. Ihr seid ja in die Kurve gegangen als wäre heute schon Silvester. Jetzt haben wir den Salat. Bis ich den Sack wieder gefüllt habe ist es ja bereits hell und dann können wir sehen wie wir das schaffen.“


    Die braunen Tiere mit den großen Hörner standen betreten da und steckten die Köpfe zusammen.
    Es war ihnen anscheinend sehr peinlich.


    Das Kätzchen konnte sich gar nicht satt sehen an diesen vielen Herrlichkeiten. Wie schön mußte das sein, mal wieder so richtig ungezwungen zu spielen und etwas so richtig zu zerfetzen, sowie es immer mit den Geschwistern gewesen war. Das Licht strahlte eine wohlige Wärme aus und das Kätzchen hätte sich gerne in mitten der Spielsachen gesetzt und nur geschaut.


    Aber der fremde Mann war sehr ungehalten und schüttelte weiter pausenlos den Kopf.


    Vielleicht schleiche ich mich einfach mal heran und verstecke mich unter dem großen Teddybären, dachte es mutig. Der Mann dreht ihm sein dickes Hinterteil zu und war ganz vertieft darin, einer Puppe das lange blonde Haar zu entwirren.
    Kätzchen machte eine kleinen Sprung und kroch ganz leise unter den großen braunen Bären. Er hatte eine dickes, weiches Fell und er erzeugte eine wunderbare Wärme. Mit weit geöffneten Augen beobachtete es den großen Mann der –es traute kaum seinen Ohren- ein kleines Liedchen vor sich her sang.
    „Morgen Kinder wird’s was geben, morgen werden wir uns freuen. Welch ein Trubel, welche eine Leben, wird in unserem Hause sein. Einmal werden wir noch wach, heißa dann ist Weihnacht“.


    Die Ohren des kleinen Kätzchens standen ganz hoch. Das war sehr schön was der dicke Mann da sang. Aber was war denn bitte sehr Weihnacht? Was zum Fressen? Oder heißen die Tiere vor der Kutsche Weihnacht?
    Es überlegte, ob es dieses Wort schon mal gehört hatte, aber meistens hörte es nur „geh weg“ oder bekam einen Tritt.
    Durch die Wärme und den Gesang des alten Mannes begann sich unser Kätzchen sehr wohl zu fühlen. Es entspannte sich und legte die Ohren an. Die Pfoten steckte es unter den Körper.
    War das gemütlich, dachte es. Ich bleibe noch ein bißchen und dann verschwinde ich wieder, nahm es sich vor.
    Die Augen wurden ihm immer schwerer und eine bleierne Müdigkeit breitet sich in seinem Körper aus. Nein, nein ich döse nur ein wenig, ich habe alles im Griff.


    Das dachte es sich zumindest denn plötzlich wurde es von einer riesengroßen Hand hochgehoben und in der Sack gesteckt. Voller Angst und zu Tode erschrocken durch den leichten Schlaf machte das kleine Kätzchen einen Purzelbaum und versank immer tiefer in den großen dunklen Käfig. Die Krallen tief in den Teddybären gebohrt verharrte es voller Entsetzen in der Dunkelheit. Immer mehr Gegenstände fielen auf seinem Kopf und wurden mit der großen Hand in den Sack gestopft.


    Oh nein, was ist nur passiert. Ich bin doch ganz wach gewesen, jammerte das kleine Kätzchen.
    Wie komme ich da bloß wieder raus?
    Aber das war nicht so einfach, denn der große Sack wurde mit einer Kordel verschnürt und auf einmal flog der Sack samt Inhalt in die Luft und fiel auf einen harten Boden. Gott sein Dank war der Teddybär dick gepolstert, denn sonst hätte sich unser Kätzchen ganz schön weh getan.
    Aber damit war noch lange nicht alles zu Ende. Plötzlich gab es einen Ruck und alles war in Bewegung. Immer schneller und schneller wurde es und das Kätzchen hörte die Stimme des Mannes laut rufen.
    „Los auf geht’s, keine Müdigkeit vorschützen wir haben Zeit aufzuholen“.



    Es gab ein zischendes Geräusch und irgendwie wurde es dem Kätzchen plötzlich ganz leicht als würde es schweben und durch die Luft fliegen. Aber das kann ja nicht sein, Katzen können nicht fliegen und Menschen doch eigentlich auch nicht. Zumindest hatte es so was noch nie erlebt.
    Doch es war so.


    Der große Sack ruckelte und wackelte und das erste Mal in seinem jungen Leben war unser Kätzchen froh, daß es noch nichts gefressen hatte, denn sonst würde ihm jetzt furchtbar schlecht werden.
    Die Krallen fest in den Teddy verkeilt starrte es angstvoll in die Dunkelheit und sein kleines Katzenherz schlug ihm bis zum Halse.
    Das war wirklich das sonderbarste, was es bis jetzt erlebt hatte. Nicht mal die Schlägerei mit dem schwarzen Tyrannen der in der Straße mit den vollsten Mülltonnen wohnte konnte es damit aufnehmen.
    Immer höher und schneller ging es und das Kätzchen verlor bald jedes Zeitgefühl. Wahrscheinlich werde ich jetzt sterben? Schade, ich hatte doch noch so viel vor.
    Traurig schloß es die Augen und krallte sich wieder fester in das weiche Fell des Teddybären.


    Doch was war das? Plötzlich stand alles still. Es gab ein dumpfes Geräusch und der große Sack wurde hochgehoben. Wieder wurde unser Kätzchen ein wenig geschüttelt, aber nicht mehr so stark wie am Anfang. Es glaubt auch Stimmen zu hören und wärmer war es auch wieder geworden.


    Kätzchen spitzte die Ohren und hörte was da draußen los war.


    „Hallo liebe Kinder, wißt ihr denn, wer ich bin“ fragte die dunkle Stimme des großen Mannes.
    Kätzchen hatte es gleich wieder erkannt.


    „Du bist der Nikolaus“ schrien aufgeregte Kinderstimmen durcheinander.


    Nikolaus, dachte das Kätzchen, schon wieder so ein fremdes Wort. Aber wenigstens wußte es jetzt, wie der große Mann mit Namen hieß.


    „Das ist richtig, und weil ihr brav gewesen seid, habe ich euch auch etwas mitgebracht.“


    Der Nikolaus öffnete den Sack und griff mit seiner großen Hand hinein. Er erwischte die blonde Puppe die knapp neben unserem jetzt wieder sehr ängstlichen Kätzchen lag.


    „Die ist für dich, weil du ganz besonders fleißig in der Schule warst.“ sagte der Nikolaus freundlich.


    „Vielen Dank, lieber Nikolaus“ bedankte sich eine artige Stimme.


    „Und was bekomme ich“ rief eine helle Stimme ungeduldig dazwischen.


    „Sei doch ruhig, du kommst auch noch dran“ Das klang so ähnlich wie die Stimme des Nikolaus, aber doch ein bißchen anders. Wieviele wollten denn da noch Geschenke? dachte das Kätzchen nervös.


    „Für dich habe ich ganz was Schönes dabei“ lachte der Nikolaus


    Wieder fuhr die große Hand in den Sack. Oh Schreck sie packte nach dem braunen, dicken Teddybären, an welchem unser Kätzchen so angstvoll klammerte.
    Nein, nein, schrie es innerlich, und krallte sich noch mehr in das Fell und plötzlich gab es einen Ruck und Kätzchen war aus dem Sack und landete in zwei kleinen Kinderarmen.


    Das war vielleicht ein Anblick.
    Alle schauten mit großen Augen auf das kleine Kätzchen, welches sich am liebsten in den Teddybären hinein verkrochen hätte.


    Der Nikolaus, die Eltern und das kleine Mädchen schauten verdutzt auf den kleinen Jungen der sein „Geschenk“ in den Armen hält.


    „Eine Katze“ rief er freudig, „und ein Bär, gleich zwei Geschenke“.


    „Da stimmt aber was nicht“ murmelte der Nikolaus stirnrunzelnd, „das stand nicht auf meiner Wunschliste“.


    Auch die Eltern der Kinder schauten völlig entgeistert, erst auf die Katze und dann auf den Nikolaus.


    „Ist die süß“, sagte das kleine Mädchen und streichelte liebevoll das Fell des Kätzchens.


    „Schau mal sie hat ja Angst“. Die Mutter nahm unser Kätzchen, was noch völlig verängstigt an dem Teddy hing vorsichtig in den Arm und kraulte ihm das Köpfchen.


    „Tja das ist zwar nicht ganz das was wir bestellt hatten, aber so ein hübsches Tierchen geben wir natürlich nicht mehr her. Dich schickt ja förmlich der Himmel zu uns.“ lachte die freundliche Frau und dann lachten alle.
    Noch nie hatte Kätzchen so liebevolle Streicheleinheiten bekommen. Es begann sich zu entspannen und schnurrte ganz leise.


    Die ganze Familie stand jetzt um den unfreiwilligen Gast und beobachteten das kleine Kätzchen.
    Der Nikolaus legte seine große Hand auf sein Köpfchen.


    „Ich bin mir zwar noch nicht sicher, aber ich kann mir schon denken wo ich dich aufgelesen habe. Hier wird es dir bestimmt gut gehen kleines Kätzchen.“ schmunzelte der Nikolaus


    Ihr könnt euch sicher denken, wie überrascht unser Kätzchen war als es von allen Seiten gestreichelt und geherzt wurde. Das erste Schüsselchen voller warmer Milch schmeckte wundervoll und die Erinnerungen an die frühere Zeit mit der Mutter und den Geschwistern stiegen wieder in ihm hoch.


    Und als sich der Nikolaus später verabschiedete und mit lauten Gebimmel von dannen fuhr, stand unser Kätzchen dankbar und glücklich am Fenster und schaute zu wie sich die große Kutsche mit den vielen braunen Tieren in die Luft schwang und langsam am Horizont verschwand.


    Es hatte wieder leicht angefangen zu schneien und als sich unser Kätzchen vom Fenstersims ins heimelige warme Wohnzimmer mit dem großen geschmückten Baum und den Geschenken und den vielen Menschen die alle so lieb zu ihm waren begab, da dachte es sich, wenn das Weihnachten ist, dann ist es das schönste, was ich je erlebt habe.

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Die Geschichte des Adventkranzes
    Der Adventkranz, der ursprünglich mit 24 Kerzen bestückt war, ist uns in der heutigen Version mit 4 Kerzen (für jeden Adventsonntag eine) einer der beliebtesten Begleiter durch die Adventzeit.


    Schon in der Antike kommt der Kranz als Siegeszeichen vor. Geht man den Spuren der wenig mehr als hundertjährigen Geschichte des Adventkranzes nach, so stößt man auf den evangelischen Theologen Johann Wichern (geb. 1808, gest. 1881), den Begründer und Bahnbrecher der Inneren Mission, der 1833 in Hamburg-Horn das "Rauhe Haus" gründete. Dort brannten auch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die ersten Adventleuchter.


    Am 1. Advent des Jahres 1838 bezeugen die Tagebücher von Johann Wichern die Benutzung von kranzförmig aufgestellten bunten Wachskerzen für eine Andacht.


    Ab 1840 wurde im Rauhen Haus jedes Jahr im Advent eine Andacht gehalten. Dann versammelten sich alle Zöglinge und Pfarrer im Betsaal, Wichern erzählte von Advent und Weihnachten. Sie sangen auch viele Lieder. Weil jeden Tag eine Kerze angesteckt wurde, hieß die Andacht Kerzenandacht. Jeden Tag kam eine neue Kerze hinzu. 24 Kerzen standen auf einem großen Holzreifen, der an einem Kronleuchter aufgehängt war. Jeden Tag bis Weihnachten wurde eine weitere Kerze angezündet, am 24. Dezember brannten alle 24 Kerzen.


    1851 wurde der Holzreif schon mit Tannenzweigen als Zeichen für das Leben geschmückt. So hing vor über hundert Jahren im Rauhen Haus in Hamburg der erste Adventkranz.


    So hat sich allmählich die Sitte des Adventkranzes von Norddeutschland weiter verbreitet.
    1925 hing ein Adventkranz zum ersten Mal in einer katholischen Kirche in Köln (Deutschland) mit 4 Kerzen, seit 1930 fortan auch in München.


    Dieser Brauch verbreitete sich bis heute weltweit.


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  • Das Christkind
    von Stijn Streuvels


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    Über der ganzen Ebene, soweit sie reichte, lag der Schnee glänzend im Mondschein da. Das erste, was Veva tat, war, daß sie zum Himmel aufblickte, den großen Stern wiederzufinden, und aufgeregt erzählte sie Trese, wie der große Stern gerade über dem Häuschen zu sehen gewesen war, wo das Christkind aufs neue zur Welt kam. Aber nun sah der Himmel ganz anders aus: alle Sterne hatten ihr Licht angesteckt! Am schwarz-blauen Himmelszelt wimmelte es von großen und kleinen Sternen, wirr durcheinander und dicht gesät; sie funkelten und tanzten wie zitternde Feuerfünkchen, wie schelmische Augen, die fortwährend zwinkerten und blinzelten. Und mitten zwischen ihnen hing der schöne runde Vollmond, der die ganze Welt mit silbrigem Glanz übergoß und den Schnee erglitzern ließ, so weit das Auge reichte. Der Wind hatte sich gelegt, und es war ganz still in dieser Nacht. Der Schnee krachte, er knirschte unter jedem Schritt; an anderen Stellen war er pulverig wie leckeres Backmehl, das unter dem Fuß aufstäubt.
    Veva fand jetzt alles noch viel einsamer und stiller als am Abend. Es beängstigte und erfreute sie zugleich, wenn sie daran dachte, daß es nun Nacht war, die echte heilige Christnacht, und daß sie sich aufgemacht hatte, das Jesuskind zu schauen; es war zu überwältigend, um es zu glauben. Sie stapfte zwischen Trese und der Mutter einher, und das war ihr das einzig Sichere, daran sie sich überzeugen konnte, daß es kein Traum war, was sie hier draußen auf dem Feld erlebte. Und doch, es kam noch die Kälte dazu! Die Kälte, die überall hinkniff, wo sie bloße Haut vorfand, und den ganzen Körper des Kindes wie mit tausend Nadeln stach, so daß es tüchtig wehtat. Zu Hause am Herd war es so warm gewesen, daß sie es nun draußen schwer aushalten konnte - der Unterschied war gar zu groß. Aber als sie so mit den Zähnen klapperte, daß Mutter es hörte, warf diese ihr ihren Mantel über den Kopf, und nun wurde es wirklich lustig. Veva lief wie in einem Kapellchen, im dunkeln, aber warm eingemummt, und nun wußte sie selbst nicht mehr recht, ob sie vorwärtsging oder an Ort und Stelle trippelte; sie ließ sich nur führen, hielt Mutters Hand fest und fing an, von ihrem unsagbaren Glück zu träumen. Die Pächtersfrau und die Magd plauderten leise miteinander. Veva aber wollte oder konnte es nicht hören, weil sie sich mit ihren eigenen Gedanken beschäftigte.
    Nach einer Weile öffnete Veva den Mantel einen Spalt breit, und als sie mit einem Auge durchguckte, sah sie vorn Trese, die alte Magd, die mit beiden Bündeln am Arm unter dem weit offenstehenden Mantel einem wandelnden Fuder Heu glich. Nun wagte Veva noch einen Blick, um in die Ferne auszuschauen, und wahrhaftig; „Sieh, Mutter“, rief das Kind, „siehst du es! Das Licht brennt noch! da ist's!“ „Ja, das ist das Kätnerhaus, wir sind bald da...“
    „Und was willst du nun zu dem Kindlein sagen?“ Veva wußte nicht, was sie antworten solle; sie hatte nicht daran gedacht, dort etwas zu sagen - das würde sie sich nie getrauen -, sie wollte nur das Kindlein still bewundern. „Ich will es ansehen, Mutter“, sagte sie.
    „Und hast du das Kindlein nichts zu fragen? Das ist aber wenig.“
    Veva überlegte, aber sie konnte es sich nicht denken, sonst noch irgend etwas zu tun als das göttliche Kind anzuschauen. Sie war voll schaudernder Ehrfurcht vor dem, was sie erleben sollte, und schätzte diese Gunst allein so hoch, daß kein anderes Verlangen in ihr aufkommen konnte. Sie fühlte sich unwürdig, wie die dürftigste unter den Hirtinnen, die voll Glückseligkeit, aber voll Furcht sich leise nahen und niederknien und kaum aufzuschauen wagen zu dem göttlichen Kind, das wirklich aus dem Himmel auf die Erde herabgestiegen ist. Sie konnte es sich nicht anders vorstellen; sie kam nur, anzubeten, und schon das war ein großes Glück für sie. Aber nun erfüllte Mutters Vorschlag, der sie wie eine große Überraschung traf, ihr Herz mit neuer Freude.
    „Du mußt das Christkind bitten, daß es nächstes Jahr auch einmal zu uns auf den Hof kommt“, sagte Mutter.
    „Ach ja!“ Daß sie daran nicht gedacht hatte! Dies war die passende Gelegenheit, sich diese Gunst für das nächste Jahr auszubitten.
    „Ach, wenn das geschehen könnte!“, sagte Trese. Keine von den dreien wußte noch etwas hinzuzufügen; sie schwiegen, als geschähe es aus Ehrfurcht, weil sie sich jetzt dem Häuschen näherten. Das Licht, das sie aus weiter Ferne hatten blinzeln sehen, war nun ganz nah, und wirklich, nun traten sie leiser auf und hielten inne, um die Ruhe nicht zu stören; denn hier war es stiller als selbst auf der weiten Fläche, wo sich nichts bewegte. Vor der Tür zauderten sie noch ein wenig, dann klopfte Trese mit dem Knöchel sacht an das Fensterchen und flüsterte, das Gesicht gegen den Spalt gedrückt: „Meetje, mach auf, Trese ist da und hat gute Begleitung mit...“ Veva hielt den Atem an, so ergriffen und scheu war sie. Sie fürchtete, daß nun nach all dem langen Warten am Ende noch etwas dazwischenkommen könnte: daß sie nicht eingelassen würden, daß sie das Kindlein nicht zu sehen bekämen oder daß es vielleicht schon fort wäre... Aber Meetje öffnete hastig die Tür. „Womit kann ich euch dienen?“ fragte das Frauchen, verwundert über diesen späten Besuch. „Die Pächterin vom Gutshof und ihr Töchterchen würden jetzt gern das Christkind sehen“, antwortete Trese in dem gleichen gewollt feierlichen Ton. Aber nun tat er seine Wirkung: „Ei, ei!“ rief das Frauchen mit verhaltenem Atem und gedämpfter Stimme. „Wer ist da? Ist's wirklich wahr? Die Herrin selbst? Wie kommen wir zu dieser Ehre? Und Trese, die alte Trese, noch so spät... Gott, was für Sachen! Und in der Christnacht noch dazu! Kommt doch herein! Und ich laß euch da in der Kälte stehen, wo es so friert!“ Das Frauchen hatte ganz den Kopf verloren; sie stotterte und stammelte vor Verwunderung. Sie könnten nichts dafür, daß es hier so dunkel sei, weil sie nur ein Lämpchen hatten, und das müßte in der Webkammer brennen bei der Wöchnerin... Veva schlüpfte an Mutters Rock mit herein, blieb bestürzt stehen und blickte bebend in die Dunkelheit. „Kommt nur, ihr Leute“, flüsterte Meetje und drückte leise die Tür der Kammer auf, wo das Lämpchen brannte.
    Eine warme muffige Treibhausluft schlug ihnen entgegen, aber weder die Pächterin noch die Magd sahen, wie man da hineinkommen könnte. Mit Mühe mußten sie sich alle vorwärtsschieben und sich zwischen Kamin und Stühlen durchquetschen; die Kammer war so klein, daß beinahe kein Platz mehr übrigblieb, weil der Webstuhl und das Bett den ganzen Raum in der Mitte ausfüllten. Der Mann war von dem Flachsfaserfeuerchen aufgesprungen und schaute erschrocken, wer da nun so unerwartet hereinkäme. Er suchte Platz zu schaffen und schob die Stühle aus dem Weg und stellte sich selbst in den äußersten Winkel. Die Frau im Bett öffnete ihre großen Augen und richtete sich halb auf, um sehen zu können; da verklärte ein leises glückliches Lächeln ihre Züge. So voll und so durcheinander stand hier alles unter der Balkendecke zwischen den weißgekalkten Lehmwänden, daß man das Ganze nicht recht übersehen konnte. Aber Veva hatte es doch schnell entdeckt: vor dem Bett, in dem die Frau lag, stand auf vier plumpen Beinen eine hölzerne Mulde, und darin lag etwas, das mit Webabfall und Lumpen umwickelt war, und ganz in der Ecke hinter diesem wirklichen Krippchen standen Lenchen und Trinchen! Die erschrockenen Gesichter der beiden Mädchen blickten verwundert auf, und Veva sah, daß die beiden die Krippe bewachten, in der das Kindlein liegen müßte. Das Mädchen wußte nicht, wie sie dort hinkommen sollte, aber sie wagte nicht sich zu rühren, noch zu sprechen.
    „Dicht bei dicht macht warm“, sagte Meetje Moeie freundlich, „es ist hier zwar etwas eng, wir sitzen alle in ein und demselben Nest, da spart man Feuerung... Wir wärmen uns gegenseitig, seht...“ Und sie wies auf eine dunkle Höhlung auf dem Boden zwischen dem Fußende des Bettes und der Mauer: „Da liegen schon zwei Schläfer, und die beiden ältesten müssen gleich noch mit hinein - das ist die Schlafstelle für die Mädchen.“ Dann zeigte sie auf das ausgetretene Loch unter dem Webstuhl: „Das ist das Bett der beiden Jungen, sie liegen auch schon drin.“
    Es war zu dunkel, als daß man etwas unterscheiden hätte können, und es mußte der Pächterin allmählich zum Bewußtsein kommen, wie es hier von Kindern wimmelte und wie die untergebracht waren. „Schlafen die Würmchen auch nur so auf der Erde?“, fragte sie teilnehmend.
    „Ach da liegen sie warm, sie haben zusammengeballte Säcke und ein paar Lumpen in ihrer Kuhle, und sie wärmen sich aneinander“, sagte Meetje Moeie.
    „Still, daß sie nicht wach werden! flüsterte die Bäuerin, denn sie fürchtete, es möchte jeden Augenblick ein tüchtiges Geschrei losbrechen, wenn das Kroppzeug munter würde. Gott, wie war es möglich, hier so aufeinandergepackt zu hausen? Jetzt merkte sie, daß es hier noch an anderem als an Kinderwindeln und leinenen Lappen fehlte. Sie wußte nicht, was sie tun oder sagen sollte, so beschämt war sie, hier als behäbige Bäuerin zu stehen, und es tat ihr leid, daß sie nicht viel mehr mitgebracht hatte, was diesen Leuten dienen könnte. Diesen Weihnachtsbesuch hatte sie als reine Freundlichkeit aufgefaßt, um einer Laune ihres Kindes zu genügen, aber nun sah sie den Ernst der Lage, und ein grenzenloses Mitleid erfüllte ihr Gemüt. Als sie sich nach Veva umsah, merkte sie, daß das Kind - Gott weiß wie - durch den engen Raum zwischen den Stützen des Kamins und dem Webstuhl zu der Krippe geklettert war und an die beiden andern geschmiegt dastand. Die Arme eins um des andern Schulter geschlungen, beugten sie sich über die hölzerne Krippe und verharrten in starrer Bewunderung. Das älteste Mädchen hatte ein Tuch zurückgeschoben, und nun lag das Gesichtchen des Neugeborenen frei. Sobald sie es gesehen hatte, wußte Veva nicht mehr, was rund um sie her vorging, sie sah das Kindlein: ein ganz kleines Kindlein, Äuglein und Mündchen zugekniffen, ein Gesichtchen, nicht größer als eine kleine Faust... Sie sah es an und konnte sich nicht satt sehen daran. Noch niemals hatte sie solch einen kleinen, kleinen Säugling gesehen, und sie wagte erst nicht zu glauben, daß er lebte.
    Die Pächterin kümmerte sich um die Frau, die im Bett lag; sie murmelte ganz leise, während Trese und Meetje Moeie die Bündel aufmachten. Aber Veva sah und hörte nichts von alledem; sie fühlte sich in dem Besitze dessen, was ihr höchstes Verlangen darstellte: nun war sie überzeugt, daß sie wirklich vor der Krippe stand und das Jesuskind anschauen durfte; sie dachte keinen Augenblick daran, daß es so ganz anders war, als sie es sich früher vorgestellt hatte. Von der übernatürlichen Klarheit war hier nichts, nichts von dem Glanze und dem Leuchten, die das göttliche Kind ausstrahlen müßte, keine schwebenden Engel, kein himmlischer Gesang; aber dies alles vermißte Veva nicht einmal, denn eine wunderbare Klarheit strahlte aus ihrem eigenen Innern und erleuchtete alles, was sie sah; und die ungewöhnliche Armut und Dürftigkeit der vollgestellten muffigen Webkammer ließ sie unbewußt an den armen kleinen Stall zu Bethlehem denken, wo der Wind frei durch die Löcher blies. Die äußerst alltäglichen Dinge erschienen ihr alle so wunderbar, daß sie noch immer Mühe hatte, sich zu überzeugen, daß es kein Traum war, aber sie spürte zu deutlich die Haarlocken an ihren Wangen, und gegen ihre Schultern stießen von beiden Seiten die Schultern ihrer beiden kleinen Gespielinnen Lenchen und Trinchen, die ebenso entzückt schienen wie sie selbst und in stummer Verwunderung vor der Krippe standen.
    Trotz ihrer eigenen Verzückung fühlte Veva dennoch, wieviel reicher und köstlicher der Besitz für Lenchen und Trinchen war, denn diese vom Schicksal bevorzugten Kinder hatten diesen heiligen Schatz ins Haus bekommen, indessen sie sich mit einem Christbaum und ein wenig Tand hatte bescheiden müssen. Veva beneidete die armen Mädchen jetzt nicht mehr; sie mußte ihnen unsäglich dankbar sein dafür, daß sie sie an der Gnade, das göttliche Kind hier sehen zu dürfen, teilhaben ließen.
    Die drei hatten noch kein Wort miteinander gesprochen, als die Pächterin mit halber Stimme fragte: „Veva, was hast du nun für die artigen Kinder mitgebracht?“ Da stand die Kleine beschämt; sie erschrak und wußte nichts zu tun als traurig aufzublicken, da Mutter sie bei dieser hartherzigen Nachlässigkeit ertappte. Alle ihre Gedanken waren vom Christkind eingenommen; was ihr die Engel aus dem Himmel mitgebracht hatten, galt ihr so wenig, daß ihr nicht einmal der Gedanke gekommen war, etwas davon an diese armen Kinder zu verschenken. Wie gern hätte sie ihnen alle ihre Schätze abgetreten, ihnen ihre Dankbarkeit zu zeigen für die große Wohltat, die ihr zuteil wurde! „Nun, bleibst du noch hier, oder gehst du mit Trese nach Hause?“ fragte die Pächterin. Veva rührte sich nicht. Sie stand wie ein Bildstöckchen da und sah ihrer Mutter flehend ins Auge. Sie wollte so gern hier bleiben! „Gut, dann gehen wir in die Kirche und lassen dich hier, bis wir wiederkommen.“ Veva konnte es nicht erwarten, bis Mutter weg war, damit sie sicher sei, daß sie bleiben dürfte.
    Der Mann und das alte Frauchen gaben der Pächterin und Trese bis vor die Haustür das Geleit, dann wurde es vollkommen still im Kämmerlein. Veva bekam einen Stuhl zum Sitzen, und nun standen die Mädchen zu beiden Seiten der Krippe; sie strengten sich an, als hätten sie Nachtwache beim Christkind zu halten. Meetje Moeie schlurfte auf Strümpfen hin und her, legte Flachsfasern auf Feuer und rührte in der Pfanne. Der Mann war nicht zurückgekommen und war sicher auch zur Christmette gegangen. Lenchen und Trinchen wagten noch immer nicht zu sprechen, aus Ehrerbietung oder aus Furcht, daß das Kindlein aufwachen könnte. Im stillen war es Vevas innigstes Verlangen, das Kindlein wach zu sehen, oder daß es doch einmal eines von seinen Äuglein öffnen möchte; es schien aber ruhig weiterschlafen zu wollen. Wenn es geschah, daß Veva flüchtig aufschaute, sah sie jedesmal in da bleiche Gesicht und die sanften Augen der mageren Frau mit dem nie weichenden Lächeln, die so glücklich schien und fortwährend ihren Blick auf die drei Mädchen und die Krippe heftete.
    Veva wußte eigentlich nicht, ob es sehr lange oder sehr kurz gedauert hatte, aber es wunderte sie und sie erschrak, als sie an der Haustür ein Geräusch hörte und Mutter schon zurückgekehrt war. „Komm nun, Kind, die Leute wollen schlafen gehen und wir auch“, sagte die Pächtersfrau. Veva stand wie angewachsen da; sie hatte die beiden Händchen auf den Rand der Krippe gelegt, weil sie es nicht wagte, das Kind selbst anzurühren, es fiel ihr schwer, die Hände wegzuziehen und Abschied zu nehmen. Vor dem Fortgehen sah sie noch zum letztenmal zum Krippchen, und siehe da: nun bewegte sich etwas und das Christkind schien aufwachen zu wollen; es öffnete die Äuglein und lächelte! Veva schoß das Blut zum Herzen, daß es heftig zu klopfen begann und sie keinen Schritt vorwärts zu tun wagte. Aber Mutter drängte: „Komm nur, es wird spät, die Leute werden schon daheim sein!“
    „Mutter, Mutter!“ Veva wollte erklären, daß nun etwas Wichtiges bevorstehe, aber die Pächterin begriff nicht, was ihr Töchterchen sagen wolle. „Morgen darfst du noch einmal wiederkommen, wenn du dich ausgeschlafen hast!“
    Veva mußte mit, Trese legte ihr das Tuch um die Schultern und nahm sie an der Hand. „Sag guten Abend, oder besser, guten Tag!“ Und plötzlich fiel ihr etwas ein, und sie nahm den Faden wieder auf: „Schau, es ist wahr: Gesegnete Weihnachten! Ich hatte vergessen, daß es schon Christtag ist!“
    „Gesegnete Weihnachten!“ wünschten nun sie alle einander. Der Mann und Meetje Moeie kamen bis zur Tür mit, um der Pächtersfrau zu danken; die Wöchnerin rief vom Bett aus auch noch ihren Dank, worauf die junge Bäuerin sich entschuldigte und versprach, am Tage noch das eine oder andere zu schicken und alles für das Kindchen zu tun, was nötig war... „Ihr werdet sehen!“ rief die alte Trese Meetje Moeie zu, „dies Christkind bringt noch Glück ins Haus!“
    Vevachen ging an Treses Hand; sie hatte nicht gewagt, sich noch einmal nach der Krippe umzusehen; auch fehlte ihr der Mut, Lenchen und Trinchen ihr Vorhaben mitzuteilen; aber sie war fest entschlossen, alles, was sie zu Weihnachten bekommen hatte, mit den Kindern zu teilen. Aber da erschrak sie auf einmal: sie hatte vergessen, das Kindlein zu fragen, ob es im nächsten Jahr zu ihnen auf den Hof kommen wolle! Sie wagte nicht zu bekennen, daß sie das versäumt hatte, und es quälte sie wie ein großes Unglück...
    In der nächtigen Weite war es ganz still; noch immer überflutete eine seltsame Klarheit die weiten weißen Felder, aber auf dem Schnee liefen schwarze Menschengestalten, die aus der Kirche heimkehrten. „Mutter, darf ich den Kindern morgen meine Weihnachtssachen bringen?“
    „J, Kind.!
    „Die Kinder haben nichts bekommen, nicht wahr, Mutter?“
    „Nein, nichts, Veva!“
    „Aber sie haben das Christkindchen, Mutter!“
    „Ja, sie haben das Christkindchen“, sagte die Pächtersfrau, und es war Veva, als hätte die Mutter bei diesem Worte schwer geseufzt. Und warum ließ Trese ein mitleidiges „Ach Gott, das Kind!“ darauf folgen? Keins von den dreien sprach ein Wort, wie sie so über den Schnee gingen, der fortwährend unter den Füßen knirschte. Veva schaute aufwärts zu den Sternen, die immer noch mächtig funkelten; ihr Herz war voll Freude und Angst, ihr Gemüt gerührt von dem, was sie gesehen hatte. Das Geheimnisvolle des Geschehens rund um sie her verstand sie nicht, und vielem, woran sie dachte, vermochte sie weder einen Sinn noch eine Erklärung zu geben. Es verlangte sie aber, sobald sie ausgeschlafen hätte, ihre Geschenke nach dem Kätnerhaus zu bringen und die Freude all der Kinder mitansehen zu dürfen.
    In der großen Diele des Gutshofes war wieder Geräusch, Bewegung, Licht, Wärme und üppige Geselligkeit in Fülle, wie am hellichten Tag. Der Kaffee duftete, die mit Butter gestrichenen Schnitten vom Weihnachtsstollen lagen hochgestapelt auf den Zinnschüsseln. Jedem Neueintretenden wurden „Gesegnete Weihnachten“ gewünscht, und jeder nahm an der großen Tafel Platz. Dann wurde die Flasche wieder hergeholt und die Gläser wurden vollgeschenkt. Veva stand verlegen da wie in einem fremden Haus; sie fühlte keine Lust, jemand etwas von dem mitzuteilen, was sie geschaut hatte: immerfort guckte sie zur Mutter und Trese und hatte Angst, daß eine von ihnen etwas davon erzählen könnte; sie wollte ihr Glück verborgen halten. Als das Kind aus der kalten Luft plötzlich in die Wärme kam, wurde es bald vom Schlaf überwältigt, und unwillkürlich war es mit einem Stück Weihnachtsstollen in der Hand bei Tisch vor Schlaf zusammengesunken; ohne daß sie es gewahrte, wurde sie aufgepackt, ins Bett getragen und zugedeckt. Da lag das Kind in tiefem Schlaf.
    Aber was Veva an jenem Weihnachtsmorgen träumte, war noch tausendmal schöner, als was sie in der Nacht in Wirklichkeit erfahren und erlebt hatte. Als Engel schwebte sie auf Flügeln über dem Schneefeld durch die Luft und trug den Christbaum mit allem, was daran hing, federleicht auf ihrer Handfläche. Der schöne große Stern mit den sieben feurigen Strahlen funkelte hoch über dem Häuschen.
    Mit rauschendem Flügelschlag schwebte Veva geradewegs durch den Schornstein hinunter, ohne irgendwo anzustoßen. Nun war das Häuschen voll von Licht und hellem Glanz. Sie brachte den Christbaum hinein, an dem die Lichtlein brannten. Im Krippchen lag rosig das Christkind mit einem Apfel in der Hand, selbst wie ein Äpfelchen auf einem goldgelben Bettchen von Haferstroh. Es hatte ein schneeweißes Hemdchen an, und seine blauen Äuglein waren offen und lachten Veva freundlich an. Es schüttelte seine schönen Ringellöckchen und streckte ihr die molligen Händchen entgegen. Lenchen und Trinchen waren auch dabei und alle die anderen Kinder und Hirten und Hirtinnen, die mit himmlischer Stimme sangen:


    Ihr Hirten, laßt eure Schafe im Feld!
    Der große Herr, der Schöpfer der Welt,
    Er ist euch geboren, die ihr wart verloren,
    Und liegt in der Krippe im kleinen Stall,
    Euch zu erlösen nach Adams Fall.
    Da wird er gefunden, in Windeln gebunden,
    Eine Jungfrau ist Mutter dem Knaben klein,
    Sein Vater ist Gott Vater allein.
    Macht euch auf die Beine, ihr Hirten, schnell!
    Lauft, Hirten, lauft! Lauft Hirten, lauft!
    Lauft, Hirten, lauft! Lauft, Hirten, lauft!
    Doch laßt mir schlafen das heilige Kind!
    Seid leise, leise! Doch lauft geschwind!


    Der Christbaum stand mitten in der Kammer, so groß, daß er sie ganz ausfüllte, und nun tanzten die Hirten und Hirtinnen rundherum, und Veva tanzte auch mit zwischen Lenchen und Trinchen. Als sie sich müde getanzt hatten, ging Veva ohne Zagen an die Krippe, sah das strahlende Kindlein an und beugte sich mit all der Lust ihres kindlichen zarten Gemüts tief zu ihm hinunter und flüsterte ganz leise, sagte es sogar zweimal: „Christkind, Mutter bittet dich, du sollst nächstes Jahr zu uns kommen!“ Und Veva sah deutlich, daß das Kindlein freundlich nickte und lächelte.

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Weihnachtsbäckerei


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    Am Rande des Waldes wohnte die kleine Sophie mit ihren Eltern. Wie alle Kinder freute sie sich schon mächtig auf Weihnachten. „Mutti, Mutti, schau mal meinen Wunschzettel, schickst du ihn bitte an den Weihnachtsmann!“ aufgeregt kam sie zur Mutti in die Küche gelaufen. „Da habe ich eine bessere Idee“ meinte die Mutti „leg ihn einfach aufs Fensterbrett, in der Nacht wenn du schläfst, kommt meist ein Weihnachtsengelein und schaut ob alle Kinder schön schlafen. Wenn es deinen Wunschzettel sieht, nimmt es ihn mit und liefert ihn direkt beim Weihnachtsmann ab.“ Sophie war ein sehr liebes und braves Mädchen. Nun nahm sie sich vor abends noch schneller einzuschlafen. Am nächsten Morgen konnte es Sophie kaum erwarten nach ihrem Wunschzettel zu sehen. Und was soll ich euch sagen, er war tatsächlich weg. Glücklich lief sie zur Mutti um es ihr mitzuteilen. Als es abends dunkelte, Sophie brachte gerade ihre Puppenkinder ins Bett, klopfte es ans Fenster. Sie zuckte richtig zusammen, Vati saß im Sessel und las seine Zeitung, Mutti bereitete das Abendessen vor. „Wer sollte das sein?“ überlegte Sophie „noch nie hatte sich ein Fremder in der Dunkelheit bis zu ihnen verirrt. „Geh doch mal nachsehen, nimm der Vorhang zur Seite „ forderte sie der Vati auf. Ganz vorsichtig ging Sophie ans Fenster heran und schob die Gardine zur Seite. „Vati, Vati schau, da steht ein kleiner Hase mit einem Brief !“ „Ein Hase, wie kommt denn ein Hase dahin?“ wunderte sich jetzt auch der Vater. Er kam heran und nahm den Brief an sich, dann las er „An Sophie“ Gemeinsam öffneten sie den Brief und Vati las Sophie vor „Liebe Sophie! Danke für Deinen Wunschzettel, er hat mich erreicht. Da in meinem großen Buch steht, das du ein liebes Mädchen bist, werde ich versuchen Deine Wünsche zu erfüllen. Liebe Grüße der Weihnachtsmann.“ „Post vom Weihnachtsmann!!“ Jubelte Sophie und rannte sofort zur Mutti in die Küche. „Der Weihnachtsmann kennt dich eben“ freute sich die Mutti mit ihr. Das kleine Häschen ließ Sophie nicht mehr aus dem Arm. Sie zeigte ihm ihr bisheriges Spielzeug machte ihn mit Brummel bekannt und setzte ihn auf ihr Schaukelpferd. Abends durfte es natürlich in ihrem Arm schlafen. Als alles im Haus sich zur Ruhe begeben hatte, stupste Häschen Sophie an. Erst nahm sie es gar nicht richtig wahr, später sagte sie „Sag mal Hoppel was soll das, nachts wird geschlafen!“ Auf einmal fing ihr Häschen an ihr zu antworten. „Ich soll dich zum Weihnachtsmann bringen, er möchte dir seine Weihnachtsbäckerei zeigen.“ Sofort war Sophie hell wach. „Habe ich richtig gehört, du bringst mich jetzt zum Weihnachtsmann?“ „Ja, du hast richtig gehört und nun zieh dich endlich an, wir müssen uns beeilen.“ Das brauchte man nun Sophie nicht zweimal sagen, im nu war sie in ihren Sachen und stand abmarschbereit da. „Komm, aber sei leise, damit wir niemand wecken“ forderte sie
    Häschen auf. Auf leisen Sohlen schlichen sie sich aus dem Haus. „Nun kommt schon“ lachte der gute alte Mond „ich schicke euch meinen schönsten Strahl auf die Erde, nehmt Platz und ab geht die Fahrt.“ Sophie nahm ihr Häschen in den Arm und setzte sich auf den Mondstrahl. Schneller als ein Blitz waren sie oben beim Mond angekommen. „Nun nur noch die Milchstraße entlang und ihr seid bei der Weihnachtsbäckerei“ meinte dieser und leuchtete ihnen mit seiner Laterne den Weg. Schnell hatten die Beiden die Milchstraße hinter sich gelassen und standen vor der Weihnachtsbäckerei. Ein Englein hatte schon auf sie gewartet und lies sie ein. „Oh wie wundervoll duftet es hier“ staunte Sophie als erstes. Dann sah sie sich etwas genauer um. Überall waren kleine Englein fleißig dabei Stollen, Plätzchen und Pfefferkuchen zu backen. Möchtest du beim verzieren helfen?“ „Darf ich das?“ staunte Sophie. Schon brachte ihr ein Englein eine Schütze und Sophie begann beim Verzieren der Pfefferkuchen zu helfen. Goldene Zuckerkugeln, silbernen Perlen. Mit bunter Zuckerschrift, durfte sie die Plätzchen bemalen. Oh wie strahlten ihre Augen. Viel zu schnell verging die Zeit. Als Sophie von ihrem Häschen daran erinnert wurde, das die nacht fast vorbei sei und sie zurück zur Erde müssten. Damit sie gut sehen konnten streute ein Engelchen Glitzersterne aus. Wie auf einer Rutsche ging es auf dem Mondstrahl wieder direkt nach Hause. Als die Mutti am Morgen ihr Mädchen wecken wollte, erzählte ihr Sophie was sie in der Nacht erlebt hatte. „Da hattest du aber einen schönen Traum“ freute Mutti sich mit ihrem Töchterchen. Sophie wiedersprach nicht, sie wusste jedoch, das es kein Traum war. Oder doch?

    Sprich nie ein hartes Wort, womit Du jemanden kränkst. Du triffst vielleicht sein Herz, viel tiefer als Du denkst .

  • Der Schneemann
    von Hans Christian Andersen


    "Es knackt tüchtig in mir, so herrlich kalt ist es!" sagte der Schneemann. "Der Wind kann einem freilich Leben eintreiben. Und wie die Glühende dort glotzt!" - Er meinte die Sonne damit, die eben untergehen wollte. "Sie soll mich nicht zum Blinzeln bringen, ich kann die Brocken schon noch festhalten." Er hatte nämlich statt Augen zwei große dreieckige Dachziegelbrocken, der Mund war ein Stück einer alten Harke, deshalb hatte er auch Zähne. Er war unter den Jubelrufen der Knaben geboren, begrüßt von Schellengeläut und Peitschenknall der Schlitten. Die Sonne ging unter, der Vollmond ging auf, rund und groß, klar und schön in der blauen Luft. "Da haben wir sie wieder von einer andern Seite!" sagte der Schneemann. Er glaubte, es sei die Sonne, die sich wieder zeigte. "Ich habe ihr das Glotzen abgewöhnt! Nun kann sie dort hängen und leuchten, damit ich mich selber sehen kann. Wüßte ich nur, wie man es macht, um von der Stelle zu kommen! Ich möchte mich gar zu gern bewegen! Wenn ich es könnte, würde ich nun dort unten auf dem Eise hingleiten, wie ich es die Knaben tun sah; aber ich verstehe nichts vom Laufen."
    "Weg! Weg!" bellte der alte Kettenhund; er war etwas heiser, das war er geworden, als er Stubenhund war und hinter dem Ofen lag. "Die Sonne wird dich laufen lehren! Das sah ich bei deinem Vorgänger auch. Weg, weg und weg sind sie alle!" "Ich verstehe dich nicht, Kamerad!" sagte der Schneemann, "soll die dort oben mich laufen lehren?" Er meinte den Mond. "Ja, sie lief freilich vorhin, als ich sie fest ansah, nun schleicht sie von einer anderen Seite heran." "Du weißt auch gar nichts!" sagte der Kettenhund, "aber du bist ja auch eben erst zusammengeklatscht worden. Was du nun siehst, heißt Mond, das was fortging, war die Sonne, sie kommt morgen wieder, sie wird dich schon lehren, in den Wallgraben hinabzulaufen. Wir bekommen bald anderes Wetter, das spüre ich in meinem linken Hinterbein, es reißt darin. Das Wetter schlägt um!" "Ich verstehe ihn nicht", sagte der Schneemann, "aber ich habe das Gefühl, daß es etwas Unangenehmes ist, was er sagt. Sie, die so glotzte und sich dann davonmachte, die Sonne, wie er sie nennt, sie ist auch nicht meine Freundin, das habe ich im Gefühl!" "Weg! Weg!" bellte der Kettenhund, ging dreimal um sich selbst herum und legte sich dann in seine Hütte, um zu schlafen. Das Wetter änderte sich wirklich. Dicker, feuchter Nebel lag gegen Morgen über der ganzen Gegend; als es Tag wurde, begann es zu wehen, der Wind war so eisig, der Frost packte ordentlich zu, aber was war das für ein Anblick, als die Sonne aufging! Bäume und Büsche waren mit Rauhreif bedeckt, es sah aus wie ein Wald von weißen Korallen, es war, als ob alle Zweige mit strahlend weißen Blüten übersät wären. Die unendlich vielen und feinen Verästelungen, die man im Sommer unter all den Blättern nicht sieht, kamen nun alle einzeln, hervor, es war ein Spitzengewebe und so leuchtend weiß, als ströme ein weißer Glanz aus jedem Zweige. Die Hängebirke bewegte sich im Winde, es war Leben in ihr wie in allen Bäumen zur Sommerzeit, es war eine unvergleichliche Pracht! Und als dann die Sonne schien, nein, wie funkelte das Ganze, als ob es mit Diamantenstaub überpudert wäre, und auf der Schneedecke des Erdbodens glitzerten die großen Diamanten, oder man konnte auch glauben, daß dort unzählige kleine Lichter brannten, weißer als der weiße Schnee. "Das ist unvergleichlich schön!" sagte ein junges Mädchen, das mit einem jungen Mann in den Garten trat und gerade beim Schneemann stehenblieb, wo sie die flimmernden Bäume betrachteten. "Einen schöneren Anblick hat man selbst im Sommer nicht!" sagte sie, und ihre Augen strahlten. "Und so einen Kerl wie diesen hier hat man im Sommer erst recht nicht", sagte der junge Mann und zeigte auf den Schneemann. "Er ist ausgezeichnet!" Das junge Mädchen lachte, nickte dem Schneemann zu und tanzte mit ihrem Freunde über den Schnee dahin, der unter ihnen knirschte, als gingen sie auf Stärkemehl. "Wer waren die beiden?" fragte der Schneemann den Kettenhund, "du bist länger auf dem Hofe als ich, kennst du sie?" "Versteht sich!" sagte der Kettenhund. "Sie hat mich ja gestreichelt, und er hat mir einen Knochen gegeben, die beiße ich nicht!" "Aber was stellen sie hier vor? Fragte der Schneemann. "Brrr-rautleute!" sagte der Kettenhund. "Sie werden in eine Hütte ziehen und zusammen am Knochen nagen. Weg! Weg!" "Haben die beiden ebensoviel zu bedeuten wie du und ich?" fragte der Schneemann. "Sie gehören ja zur Herrschaft!" sagte der Kettenhund, "man weiß wirklich ungemein wenig, wenn man gestern erst geboren ist, das merke ich an dir! Ich habe Alter und Kenntnisse, ich kenne alle hier im Hause! Und ich habe eine Zeit gekannt, wo ich nicht hier in der Kälte und an der Kette lag. Weg! Weg!" "Die Kälte ist herrlich", sagte der Schneemann. "Erzähle, erzähle! Aber du darfst nicht so mit der Kette rasseln, denn dabei knackt es in mir." "Weg! Weg!" bellte der Kettenhund. "Ein Hündchen bin ich gewesen, klein und niedlich, sagten sie, damals lag ich in einem Samtstuhl drinnen im Hause, lag im Schoße der obersten Herrschaft, sie küßten mich auf die Schnauze und wischten mir die Pfoten mit einem gestickten Taschentuch ab, ich hieß 'Schönster', 'Pusselpusselbeinchen', aber dann wurde ich ihnen zu groß, sie schenkten mich der Haushälterin, ich kam in die Kellerwohnung! Du kannst hineinsehen von dort aus, wo du stehst, du kannst in die Kammer hinabsehen, wo ich Herrschaft gewesen bin, denn das war ich bei der Haushälterin. Es war ein geringerer Ort als oben, aber hier war es gemütlicher, ich wurde nicht von den Kindern gedrückt und herumgeschleppt wie oben. Ich bekam ebenso gutes Futter wie früher und viel mehr! Ich hatte mein eigenes Kissen, und dann war da ein Ofen, der um diese Zeit das Schönste von der Welt ist! Ich kroch ganz darunter, so daß ich verschwunden war. Ach, von dem Ofen träume ich noch. Weg!" "Sieht den ein Ofen so schön aus?" fragte der Schneemann. "Hat er Ähnlichkeit mit mir?" "Er ist gerade das Gegenteil von dir! Kohlschwarz ist er, hat langen Hals mit Messingtrommel. Er frißt Brennholz, daß ihm das Feuer aus dem Munde sprüht. Man muß sich an seiner Seite halten, ganz nahe oder unter ihm, das ist äußerst angenehm. Du muß ihn durch das Fenster sehen können von dort aus, wo du stehst." Und der Schneemann guckte, und wirklich sah er einen schwarzen blankpolierten Gegenstand mit Messingtrommel, das Feuer leuchtete unten heraus. Dem Schneemann wurde ganz wunderlich zumute, er hatte ein Gefühl, über das er sich selbst keine Rechenschaft ablegen konnte, es kam etwas über ihn, das er nicht kannte, das aber alle Menschen kenne, wenn sie nicht Schneemänner sind. "Und warum verließest du sie?" fragte der Schneemann. Er hatte die Empfindung, daß es ein weibliches Wesen sein mußte. "Wie konntest du nur so einen Ort verlassen?" "Ich bin dazu gezwungen worden!" sagte der Kettenhund. "Sie warfen mich hinaus und legten mich hier an die Kette. Ich hatte den jüngsten Junker ins Bein gebissen, weil er mir den Knochen wegstieß, an dem ich nagte, Knochen um Knochen, denk' ich! Aber das nahmen sie übel, und von der Zeit an habe ich an der Kette gelegen und habe meine klare Stimme verloren, höre nur, wie heiser ich bin: Weg! Weg! Das war das Ende vom Liede!" Der Schneemann hörte nicht mehr zu, er sah ierfort in die Kellerwohnung der Haushälterin, in ihre Stube hinab, wo der Ofen auf seinen vier eisernen Beinen stand und sich in derselben Größe zeigte wie der Schneemann. "Es knackt so seltsam in mir!" sagte er. "Soll ich niemals dort hineinkommen? Es ist doch ein unschuldiger Wunsch, und unsere unschuldigen Wünsche werden gewiß in Erfüllung gehen. Es ist mein höchster Wunsch, mein einziger Wunsch, und es wäre fast ungerecht, wenn er nicht erfüllt würde. Ich muß dort hinein, ich muß mich an sie lehnen, und wenn ich auch das Fenster zerschlagen sollte!" "Dort kommst du niemals hinein", sagte der Kettenhund, "und kommst du an den Ofen, dann bist du weg, weg!" "Ich bin schon so gut wie weg!" sagte der Schneemann, "ich breche zusammen, glaube ich." Den ganzen Tag stand der Schneemann da und guckte zum Fenster hinein, in der Dämmerstunde wurde die Stube noch einladender, vom Ofen her leuchtete es so mild, nicht wie der Mond und auch nicht wie die Sonne, nein, wie nur der Ofen leuchten kann, wenn er etwas in sich hat. Ging die Tür auf, so schlug die Flamme heraus, das war so seine Gewohnheit, es glühte ordentlich rot auf in dem weißen Gesicht des Schneemannes, es leuchtete rot über seine Brust. "Ich halte es nicht mehr aus!" sagte er. "Wie schön es sie kleidet, die Zunge herauszustrecken!" Die Nacht war sehr lang, aber nicht für den Schneemann, er stand da in seine eigenen schönen Gedanken vertieft, und die froren, daß es knackte. Am Morgen waren die Kellerfenster zugefroren, sie trugen die schönsten Eisblumen, die nur ein Schneemann verlangen konnte, aber sie verbargen den Ofen. Die Scheiben wollten nicht auftauen, er konnte "sie" nicht sehen. Es knackte, es knirschte, es war gerade so ein Frostwetter, an dem ein Schneemann seine Freude haben muß, aber er freute sich nicht, er hätte sich so glücklich fühlen können und müssen, aber er war nicht glücklich, er hatte Ofensehnsucht. "Das ist eine schlimme Krankheit für einen Schneemann", sagte der Kettenhund. "Ich habe auch an der Krankheit gelitten, aber ich habe sie überstanden. Weg! Weg! - Nun bekommen wir anderes Wetter!" Und es gab anderes Wetter, es gab Tauwetter. Das Tauwetter nahm zu, der Schneemann nahm ab. Er sagte nichts, er klagte nicht, und das ist das richtige Zeichen. Eines Morgens brach er zusammen. Es ragte etwas wie ein Besenstiel in die Luft, dort, wo er gestanden hatte, um den Stiel herum hatten die Knaben ihn aufgebaut. "Nun kann ich das mit seiner Sehnsucht verstehen", sagte der Kettenhund, "der Schneemann hat einen Feuerhaken im Leibe gehabt! Das ist es, was sich in ihm geregt hat, nun ist es überstanden Weg! Weg!" Und bald war auch der Winter überstanden. "Weg! Weg!" bellte der Kettenhund: aber die Mädchen auf dem Hofe sangen: "Waldmeister grün! Hervor aus dem Haus! Weide, die wollenen Handschuhe aus! Lerche und Kuckuck, singt fröhlich drein! - Frühling im Februar wird es sein! Ich singe mit: Kuckuck! Quivit! Komm liebe Sonne, komm oft - quivit!" Und dann denkt niemand mehr an den Schneemann

  • Der allererste Weihnachtsbaum
    Unbekannter Autor


    Der Weihnachtsmann ging durch den Wald. Er war ärgerlich. Sein weißer Spitz, der sonst immer lustig bellend vor ihm herlief, merkte das und schlich hinter seinem Herrn mit eingezogener Rute her. Er hatte nämlich nicht mehr die rechte Freude an seiner Tätigkeit. Es war alle Jahre dasselbe. Es war kein Schwung in der Sache. Spielzeug und Eßwaren, das war auf die Dauer nichts. Die Kinder freuten sich wohl darüber, aber quieken sollten sie und jubeln und singen, so wollte er es, das taten sie aber nur selten.


    Den ganzen Dezembermonat hatte der Weihnachtsmann schon darüber nachgegrübelt, was er wohl Neues erfinden könne, um einmal wieder eine rechte Weihnachtsfreude in die Kinderwelt zu bringen, eine Weihnachtsfreude, an der auch die Großen teilnehmen würden. Kostbarkeiten durften es auch nicht sein, denn er hatte so und so viel auszugeben und mehr nicht.


    So stapfte er denn auch durch den verschneiten Wald, bis er auf dem Kreuzweg war. Dort wollte er das Christkindchen treffen. Mit dem beriet er sich nämlich immer über die Verteilung der Gaben.


    Schon von weitem sah er, daß das Christkindchen da war, denn ein heller Schein war dort. Das Christkindchen hatte ein langes weißes Pelzkleidchen an und lachte über das ganze Gesicht. Denn um es herum lagen große Bündel Kleeheu und Bohnenstiegen und Espen- und Weidenzweige, und daran taten sich die hungrigen Hirsche und Rehe und Hasen gütlich. Sogar für die Sauen gab es etwas: Kastanien, Eicheln und Rüben.


    Der Weihnachtsmann nahm seinen Wolkenschieber ab und bot dem Christkindchen die Tageszeit. „Na, Alterchen, wie geht's?“ fragte das Christkind. „Hast wohl schlechte Laune?“ Damit hakte es den Alten unter und ging mit ihm. Hinter ihnen trabte der kleine Spitz, aber er sah gar nicht mehr betrübt aus und hielt seinen Schwanz kühn in die Luft.


    „Ja“, sagte der Weihnachtsmann, „die ganze Sache macht mir so recht keinen Spaß mehr. Liegt es am Alter oder an sonst was, ich weiß nicht. Das mit den Pfefferkuchen und den Äpfeln und Nüssen, das ist nichts mehr. Das essen sie auf, und dann ist das Fest vorbei. Man müßte etwas Neues erfinden, etwas, das nicht zum Essen und nicht zum Spielen ist, aber wobei alt und jung singt und lacht und fröhlich wird.“


    Das Christkindchen nickte und machte ein nachdenkliches Gesicht; dann sagte es: „Da hast du recht, Alter, mir ist das auch schon aufgefallen. Ich habe daran auch schon gedacht, aber das ist nicht so leicht.“


    „Das ist es ja gerade“, knurrte der Weihnachtsmann, „ich bin zu alt und zu dumm dazu. Ich habe schon richtiges Kopfweh vom vielen Nachdenken, und es fällt mir doch nichts Vernünftiges ein. Wenn es so weitergeht, schläft allmählich die ganze Sache ein, und es wird ein Fest wie alle anderen, von dem die Menschen dann weiter nichts haben als Faulenzen, Essen und Trinken.“


    Nachdenklich gingen beide durch den weißen Winterwald, der Weihnachtsmann mit brummigem, das Christkindchen mit nachdenklichem Gesicht. Es war so still im Wald, kein Zweig rührte sich, nur wenn die Eule sich auf einen Ast setzte, fiel ein Stück Schneebehang mit halblautem Ton herab. So kamen die beiden, den Spitz hinter sich, aus dem hohen Holz auf einen alten Kahlschlag, auf dem große und kleine Tannen standen. Das sah wunderschön aus. Der Mond schien hell und klar, alle Sterne leuchteten, der Schnee sah aus wie Silber, und die Tannen standen darin, schwarz und weiß, daß es eine Pracht war. Eine fünf Fuß hohe Tanne, die allein im Vordergrund stand, sah besonders reizend aus. Sie war regelmäßig gewachsen, hatte auf jedem Zweig einen Schneestreifen, an den Zweigspitzen kleine Eiszapfen, und glitzerte und flimmerte nur so im Mondenschein.


    Das Christkindchen ließ den Arm des Weihnachtsmannes los, stieß den Alten an, zeigte auf die Tanne und sagte: „Ist das nicht wunderhübsch?“


    „Ja“, sagte der Alte, „aber was hilft mir das ?“


    „Gib ein paar Äpfel her“, sagte das Christkindchen, „ich habe einen Gedanken.“


    Der Weihnachtsmann machte ein dummes Gesicht, denn er konnte es sich nicht recht vorstellen, daß das Christkind bei der Kälte Appetit auf die eiskalten Äpfel hatte. Er hatte zwar noch einen guten alten Schnaps, aber den mochte er dem Christkindchen nicht anbieten.


    Er machte sein Tragband ab, stellte seine riesige Kiepe in den Schnee, kramte darin herum und langte ein paar recht schöne Äpfel heraus. Dann faßte er in die Tasche, holte sein Messer heraus, wetzte es an einem Buchenstamm und reichte es dem Christkindchen.


    „Sieh, wie schlau du bist“, sagte das Christkindchen. „Nun schneid mal etwas Bindfaden in zwei Finger lange Stücke, und mach mir kleine Pflöckchen.“


    Dem Alten kam das alles etwas ulkig vor, aber er sagte nichts und tat, was das Christkind ihm sagte. Als er die Bindfadenenden und die Pflöckchen fertig hatte, nahm das Christkind einen Apfel, steckte ein Pflöckchen hinein, band den Faden daran und hängte den an einen Ast.


    „So“, sagte es dann, „nun müssen auch an die anderen welche, und dabei kannst du helfen, aber vorsichtig, daß kein Schnee abfällt!“


    Der Alte half, obgleich er nicht wußte, warum. Aber es machte ihm schließlich Spaß, und als die ganze kleine Tanne voll von rotbäckigen Äpfeln hing, da trat er fünf Schritte zurück, lachte und sagte; „Kiek, wie niedlich das aussieht! Aber was hat das alles für'n Zweck?“


    „Braucht denn alles gleich einen Zweck zu haben?“ lachte das Christkind. „Paß auf, das wird noch schöner. Nun gib mal Nüsse her!“


    Der Alte krabbelte aus seiner Kiepe Walnüsse heraus und gab sie dem Christkindchen. Das steckte in jedes ein Hölzchen, machte einen Faden daran, rieb immer eine Nuß an der goldenen Oberseite seiner Flügel, dann war die Nuß golden, und die nächste an der silbernen Unterseite seiner Flügel, dann hatte es eine silberne Nuß und hängte sie zwischen die Äpfel.


    „Was sagst nun, Alterchen?“ fragte es dann. „Ist das nicht allerliebst?“


    „Ja“, sagte der, „aber ich weiß immer noch nicht...“


    „Komm schon!“ lachte das Christkindchen. „Hast du Lichter?“


    „Lichter nicht“, meinte der Weihnachtsmann, „aber 'nen Wachsstock!“


    „Das ist fein“, sagte das Christkind, nahm den Wachsstock, zerschnitt ihn und drehte erst ein Stück um den Mitteltrieb des Bäumchens und die anderen Stücke um die Zweigenden, bog sie hübsch gerade und sagte dann; „Feuerzeug hast du doch?“


    „Gewiß“, sagte der Alte, holte Stein, Stahl und Schwammdose heraus, pinkte Feuer aus dem Stein, ließ den Zunder in der Schwammdose zum Glimmen kommen und steckte daran ein paar Schwefelspäne an. Die gab er dem Christkindchen. Das nahm einen hellbrennenden Schwefelspan und steckte damit erst das oberste Licht an, dann das nächste davon rechts, dann das gegenüberliegende. Und rund um das Bäumchen gehend, brachte es so ein Licht nach dem andern zum Brennen.


    Da stand nun das Bäumchen im Schnee; aus seinem halbverschneiten, dunklen Gezweig sahen die roten Backen der Äpfel, die Gold- und Silbernüsse blitzten und funkelten, und die gelben Wachskerzen brannten feierlich. Das Christkindchen lachte über das ganze rosige Gesicht und patschte in die Hände, der alte Weihnachtsmann sah gar nicht mehr so brummig aus, und der kleine Spitz sprang hin und her und bellte.


    Als die Lichter ein wenig heruntergebrannt waren, wehte das Christkindchen mit seinen goldsilbernen Flügeln, und da gingen die Lichter aus. Es sagte dem Weihnachtsmann, er solle das Bäumchen vorsichtig absägen. Das tat der, und dann gingen beide den Berg hinab und nahmen das bunte Bäumchen mit.


    Als sie in den Ort kamen, schlief schon alles. Beim kleinsten Hause machten die beiden halt. Das Christkindchen machte leise die Tür auf und trat ein; der Weihnachtsmann ging hinterher. In der Stube stand ein dreibeiniger Schemel mit einer durchlochten Platte. Den stellten sie auf den Tisch und steckten den Baum hinein. Der Weihnachtsmann legte dann noch allerlei schöne Dinge, Spielzeug, Kuchen, Äpfel und Nüsse unter den Baum, und dann verließen beide das Haus so leise, wie sie es betreten hatten.


    Als der Mann, dem das Häuschen gehörte, am andern Morgen erwachte und den bunten Baum sah, da staunte er und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Als er aber an dem Türpfosten, den des Christkinds Flügel gestreift hatte, Gold- und Silberflimmer hängen sah, da wußte er Bescheid. Er steckte die Lichter an dem Bäumchen an und weckte Frau und Kinder. Das war eine Freude in dem kleinen Haus wie an keinem Weihnachtstag. Keines von den Kindern sah nach dem Spielzeug, nach dem Kuchen und den Äpfeln, sie sahen nur alle nach dem Lichterbaum. Sie faßten sich an den Händen, tanzten um den Baum und sangen alle Weihnachtslieder, die sie wußten, und selbst das Kleinste, das noch auf dem Arm getragen wurde, krähte, was es krähen konnte.


    Als es hellichter Tag geworden war, da kamen die Freunde und Verwandten des Bergmanns, sahen sich das Bäumchen an, freuten sich darüber und gingen gleich in den Wald, um sich für ihre Kinder auch ein Weihnachtsbäumchen zu holen. Die anderen Leute, die das sahen, machten es nach, jeder holte sich einen Tannenbaum und putzte ihn an, der eine so, der andere so, aber Lichter, Äpfel und Nüsse hängten sie alle daran.


    Als es dann Abend wurde, brannte im ganzen Dorf Haus bei Haus ein Weihnachtsbaum, überall hörte man Weihnachtslieder und das Jubeln und Lachen der Kinder.


    Von da aus ist der Weihnachtsbaum über ganz Deutschland gewandert und von da über die ganze Erde. Weil aber der erste Weihnachtsbaum am Morgen brannte, so wird in manchen Gegenden den Kindern morgens beschert.


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